Gedenken an die Märtyrer während der NS-Zeit

Oldenburg | APD

Oldenburg, 10.08.2012/APD Anlässlich des 70. Todestages ihres früheren Pastors Hans Georg Harreß führte die Gemeinde der Siebenten-Tags-Adventisten, die Adventgemeinde in Oldenburg, eine Gedenkfeier für die Märtyrer während der NS-Zeit durch. Zur Erinnerung an die Verstorbenen und zur Mahnung an die Lebenden, wurde vor der Adventkirche eine Tafel in den Boden eingelassen. Sie nennt stellvertretend für andere Märtyrer den Geburtstag von Harreß und den Tag seiner Ermordung im KZ Groß-Rosen rund 60 Kilometer südwestlich von Breslau im heutigen Polen. Auf der Homepage der Kirchengemeinde (www.adventgemeinde-oldenburg.de) heißt es dazu: "Wir sind dankbar für das Zeugnis, das diejenigen abgelegt und damit gezeigt haben, dass auch in den schwersten Zeiten moralisches Handeln möglich ist."

Der Kirchenhistoriker Dr. Johannes Hartlapp, Dekan des Fachbereichs Theologie der adventistischen Theologischen Hochschule Friedensau bei Magdeburg, sprach über die Situation der Kirchen im Hitler-Regime und über die Glaubenskraft, die einzelne Personen an den Tag legten. Hartlapp hatte 2008 seine umfangreiche Forschungsarbeit "Siebenten-Tags-Adventisten im Nationalsozialismus" (V & R unipress, Göttingen) veröffentlicht.

Pastor Hans Georg Harreß wurde am 20. März 1887 in Oberlind bei Sonneberg (Thüringen) geboren. Im Alter von 25 Jahren ließ er sich aufgrund seiner Glaubensüberzeugungen taufen und schloss sich den Siebenten-Tags-Adventisten an. In den Jahren 1913 bis 1914 studierte Harreß am Theologischen Seminar Friedensau. Nach dem Ersten Weltkrieg wirkte er als Pastor der Freikirche in Lüdenscheid, Hannover, Kassel, Dortmund, Osnabrück und Oldenburg.

Nachdem er öffentliche religiöse Vorträge gehalten hatte, wurde er im Sommer 1939 von drei verdeckt wirkenden Gestapo-Beamten denunziert, die er schon als Gäste in der Adventgemeinde Oldenburg kennengelernt hatte. Nachdem sie ihn bei einem Zugriff in seiner Wohnung nicht antrafen, meldete Pastor Harreß sich freiwillig bei der Gestapo. Nach zweitätigem Verhör wurde er inhaftiert. Gegenstand der Verhöre waren seine theologischen Überzeugungen über das Ende der Welt und seine Haltung gegenüber den Juden. Außerdem verweigerte Harreß den Hitlergruß. Anfangs wurde er ins Oldenburger Gefängnis eingesperrt. Dabei musste er im Straßenbau arbeiten. Nach einem Gerichtsurteil des Volksgerichtshofes wurde er 1942 ins KZ Sachsenhausen bei Oranienburg mit der Häftlingsnummer 1899 gebracht. Dort konnte ihn seine Frau zweimal besuchen. Sie berichtete von Schikanen. Unter anderem musste er die Gehsteige mit einer Zahnbürste reinigen. Schließlich verlegte man ihn ins KZ Groß-Rosen bei Breslau, wo er bereits nach kurzer Zeit am 6. Juli 1942 verstarb.

Zum 70. Todestag des Märtyrers veröffentlichte die Adventgemeinde Oldenburg eine Erklärung. Darin findet sich unter anderem das Bekenntnis: "Wir beklagen zutiefst, dass der Charakter der NS-Diktatur nicht rechtzeitig und deutlich genug wahrgenommen und das widergöttliche Wesen der NS-Ideologie nicht klar erkannt wurde ... Wir sind unserem Pastor Karl Georg Harreß und denjenigen, die in unseren Reihen mutig Widerstand geleistet haben und sich der Nazidiktatur weder gebeugt, noch mit ihr gemeinsame Sache gemacht haben, nicht mutig entschlossen genug gefolgt." Die Erklärung schließt mit den Worten: "Wir wollen aber in unserer Zeit entschieden für Recht und Gerechtigkeit aller Menschen eintreten. Dass uns das gelingt, ist unsere aufrichtige Bitte zu Gott, der allein aus seiner Gnade das Wollen und Vollbringen dazu schenken kann."
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