Weltweiter UNICEF-Bericht macht Gewalt an Kindern sichtbar

Zürich/Schweiz, New York/USA | APD

Zürich/Schweiz, New York/USA, 10.09.2014/APD "Kinder und Jugendliche sind weltweit in ihrem näheren Lebensumfeld in erschreckendem Ausmaß körperlichen, sexuellen und seelischen Misshandlungen ausgesetzt“, steht im neuen UNICEF-Bericht "Hidden in Plain Sight“, der auf einer umfassenden Datensammlung aus 190 Ländern basiert. Bis heute seien Haltungen, die Gewalt rechtfertigten, sie stillschweigend hinnähmen oder als nicht schädlich ansehen würden, weit verbreitet.

"Es sind unbequeme Tatsachen – keine Regierung, keine Eltern hören sie gern“, sagte UNICEF-Exekutivdirektor Anthony Lake. "Aber wenn wir nicht die verzweifelte Wirklichkeit hinter den Statistiken zur Kenntnis nehmen, werden wir niemals die verbreitete Haltung verändern, dass Gewalt gegen Kinder normal und zulässig ist.“

Der Bericht mache das vielfach verdrängte und übersehene Leid der Kinder und die oftmals lebenslangen Folgen sichtbar. Kinder, die regelmäßig Gewalt ausgesetzt seien, hätten häufig Lernprobleme, entwickelten nur ein geringes Selbstvertrauen und litten öfter unter Depressionen. Kinder setzten oft die erlernten Strategien in Konfliktsituationen später gegen ihre eigenen Partner oder Kinder ein, stellt UNICEF fest.

"Gewalt an Kindern gehört zu jenen Kinderrechtsverletzungen, die ein entscheidender Hemmfaktor für die körperliche, seelische und soziale Entwicklung des Kindes darstellen“, sagte Elsbeth Müller, Geschäftsleiterin von UNICEF Schweiz. "Gewalt kommt überall vor – offen oder verdeckt und häufig gesellschaftlich geduldet.“ Der Schutz von Kindern vor Gewalt gehöre daher zu den wichtigen Aufgaben einer Gesellschaft.

Die wichtigsten Ergebnisse des UNICEF Berichts:

Tödliche Übergriffe auf Kinder und Jugendliche
Im Jahr 2012 wurden weltweit rund 95.000 Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren getötet. Die weitaus größte Zahl von ihnen stammt aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Die drei Länder mit der höchsten Mordrate seien demnach El Salvador, Guatemala und Venezuela.

Gewalttätige Erziehungspraktiken
Schläge, Anschreien und andere Formen der Misshandlung wie Einsperren gehörten für viele Kinder auf der Welt zum Alltag. Die Auswertung von Daten aus 58 Staaten zeige, dass 17 Prozent der Kinder immer wieder schwere Prügelstrafen erhielten.

Haltungen zu körperlicher Züchtigung
Drei von zehn Erwachsenen weltweit seien der Meinung, dass körperliche Züchtigungen zur Erziehung dazugehörten, um ein Kind zu disziplinieren und gut aufzuziehen.

Gewalt zwischen Kindern und Jugendlichen und in Beziehungen
Körperliche Auseinandersetzungen unter Heranwachsenden wären weit verbreitet. Weltweit erfahre jeder dritte Schüler regelmäßig Mobbing – oft gepaart mit körperlichen Drangsalierungen.

Sexuelle Gewalt
Schätzungsweise jedes zehnte Mädchen auf der Welt mache in ihrem Leben die Erfahrung, zum Geschlechtsverkehr gedrängt oder gezwungen zu werden. Sexuelle Gewalt gehe in den weitaus meisten Fällen von den Partnern, Ehepartnern oder Freunden aus und sei auch in Industrieländern verbreitet. Eine häufige Form sexueller Gewalt wäre heute die Bloßstellung oder Belästigung im Internet. Daten aus 30 Ländern dokumentierten, dass sieben von zehn Mädchen, die Opfer sexueller Gewalt waren, niemals Hilfe gesucht hätten.

Haltungen zu Gewalt
Die Hälfte aller Mädchen und jungen Frauen zwischen 15 und 19 Jahren, rund 126 Millionen, seien der Meinung, dass ein Ehemann oder Partner berechtigt wäre, seine Frau gelegentlich zu schlagen. Im südlichen Afrika, in Nordafrika und im Nahen Osten sei der Anteil noch höher.

Zentrale Strategien gegen Gewalt
UNICEF hebt sechs zentrale Strategien hervor, um Gewalt gegen Kinder zu bekämpfen. Dazu gehörten Unterstützungsprogramme für Eltern, die Stärkung des Selbstbewusstseins von Kindern, Aufklärungskampagnen, Gesetzesreformen und wirksame Kinderschutzsysteme. Eine kontinuierliche Überwachung und Dokumentation des Problems ist Voraussetzung für eine effektive Umsetzung.

„enditnow“
Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten begann 2010 weltweit mit der Kampagne "enditnow – Sag NEIN zur Gewalt gegen Frauen“, um das Problem bewusst zu machen und dagegen anzugehen. Die Abteilung Frauen der Kirche stellt dazu Material zum Download zur Verfügung: Deutsch: http://www.sta-frauen.ch/enditnow; (Englisch: http://www.enditnow.org/).

Die Adventistische Entwicklungs- und Katastrophenhilfe ADRA Deutschland hat 2013 gemeinsam mit der mehrfachen Weltmeisterin im Kickboxen, Dr. Christine Theiss, eine Kampagne gegen häusliche Gewalt gestartet und einen Videoclip produziert:
https://www.youtube.com/watch?v=W3kZgu7cjdk&feature=youtu.be

Der vollständige UNICEF Bericht "Hidden in Plain Sight: A statistical analysis of violence against children“ sowie Zusammenfassungen des Berichts (in Englisch und Französisch) stehen als Download bereit: www.unicef.ch

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