Ablass weder biblisch noch der Ökumene dienlich

Hannover | APD

Hannover, 30.09.2008/APD Zur theologischen Auseinandersetzung mit der römisch-katholischen Kirche um den Ablass hat der Catholica-Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof Friedrich Weber, aufgefordert. In einem Beitrag in den am 30. September erscheinenden "VELKD-Informationen" schreibt er, es bleibe "rätselhaft", wieso zu Beginn des Paulusjahres der Vatikan wieder auf die Möglichkeit verweise, einen "vollkommenen Ablass" zu gewinnen. Martin Luthers Kritik am Ablasswesen, die am 31. Oktober 1517 in seinen 95 Thesen zum Ausdruck kam, beschreibe das Zentrum seiner reformatorischen Erkenntnis: In Christus schenke Gott den Menschen Gerechtigkeit umsonst. "Sie kann nicht käuflich durch den Ablass erworben werden." Ehrlicherweise, so der lutherische Catholica-Beauftragte, müsse man darauf verweisen, dass die modernen Ablässe sich nur auf Sündenstrafen beziehen und Vergebung der Sünde durch Reue und den Empfang des Bußsakramentes voraussetzen. Kein Katholik müsse Ablässe gewinnen. Auch seien sie nicht heilsnotwendig.

Seit den grundlegenden Studien des einflussreichen katholischen Theologen Karl Rahner (1904-1984) über den Ablass sei klar, dass es beim Nachlass öffentlicher Bußwerke um eine Form der Frömmigkeit gehe, die dem von seiner Sünde los gesprochenen Menschen helfen möchte, die Folgen seines sündigen Handelns aufzuarbeiten. Der Ablass, das habe man zwischenzeitlich gelernt, sei ein Element römisch-katholischer Frömmigkeit. "Dennoch erweckt der Begriff und die mit ihm verbundenen kirchenrechtlichen Aspekte, die nach wie vor in den Lehrbüchern der katholischen Dogmatik auftauchen, Assoziationen gerade bei Lutheranern, die einer um Empathie bemühten Ökumene nicht dienlich sind", schreibt Landesbischof Weber.

Er wirft in seinem Beitrag die heiklen und keineswegs veralteten Fragen des katholischen Theologen und Lutherforschers Otto-Hermann Pesch zum Thema Ablass nochmals auf. Pesch fragte unter anderem: "Muss (die Kirche) also um der Ablass-Theologie willen an irgendeiner Art von 'Fegefeuer'-Vorstellung festhalten?" Konkret weist der Ökumeniker Pesch auf die "letzte Rest-Verfügungsgewalt des Papstes über die Früchte der Busse" hin und stellt kritisch fest: "Kann somit der Papst letztlich bestimmen, wer und in welchem Ausmaß der Gnade Gottes teilhaftig wird und wer nicht?"

Papst Paul VI. hatte nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil 1967 in einem Schreiben die Einstellung der katholischen Kirche zum Ablass neu formuliert, in der zum Beispiel die innere Zuwendung auf Gott hin, zu der auch Reue und Wiedergutmachung gehören, stärker betonte als die sachliche Leistung (Geldopfer). Auch wurden die Gelegenheiten einen Ablass zu gewinnen, nach dem Zweiten Vatikanum deutlich reduziert.

Das Gesetzbuch des römisch-katholischen Kirchenrechts, der "Codex Iuris Canonici" von 1983, definiert den Ablass in Canon 992 wie folgt: "Ablass ist der Nachlass zeitlicher Strafe vor Gott für Sünden, deren Schuld schon getilgt ist; ihn erlangt der entsprechend disponierte Gläubige unter bestimmten festgelegten Voraussetzungen durch die Hilfe der Kirche, die im Dienst an der Erlösung den Schatz der Sühneleistungen Christi und der Heiligen autoritativ verwaltet und zuwendet."

Der Papst kann einen Ablass für die gesamte Kirche erlassen – so geschehen etwa im Jubiläumsjahr 2000 und im laufenden Paulusjahr 2008/2009. Besonders große Bedeutung besitzen bis heute der Allerheiligen- bzw. Allerseelenablass oder der Portiunkulaablass. Bei beiden handelt es sich um vollkommene Ablässe. Auch zu bestimmten Anlässen, oft an die Teilnahme an Pilgerfahrten oder bestimmte Bußübungen geknüpft und wie immer erst nach Empfang des Sakraments der Versöhnung, also der Beichte, kann ein vollkommener Ablass gewährt werden: so bei den Römischen Jubiläen, dem Heiligen Compostelanischen Jahr (zuletzt 2004), bei den Weltjugendtagen in Köln (2005) und Sydney (2008), dem Welttag der Kranken oder zum 150. Jahrestag der Marienerscheinungen in Lourdes In diesem Jahr.
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