Das Osterfest in der Ost- und Westkirche

Bensheim | APD

Bensheim, 02.04.2010/APD Jerusalem vor Ostern 2010: Wer sich aufmerksam umsieht, bemerkt eine große Zahl von Pilgern aus Osteuropa, dem Mittelmeerraum und dem Balkan. Die Zahl wird in diesen Kar- und Ostertagen noch erheblich anschwellen, denn in diesem Jahr fallen die Osterfeierlichkeiten der Ost- und Westkirchen zusammen. Dies bedeutet für Jerusalem besondere logistische und sicherheitstechnische Herausforderungen, denen man nur mit strengen Auflagen Herr zu werden glaubt. So ist es auch vielen palästinensischen Christen in diesem Jahr nicht möglich, in das für viele doch nahe Jerusalem zu fahren, um dort Ostern zu feiern.

Auch wenn 2010 nicht das erste Mal im noch jungen Jahrhundert ist, so ist doch die Feier des Osterfestes an einem gemeinsamen Termin für die Ost- wie Westkirche nicht die Regel. Das hängt damit zusammen, dass die Kirchen in Ost und West den Termin unterschiedlich berechnen. Die ersten Christen orientierten sich mit ihrer Osterfeier am jüdischen Pessachfest, wobei sich die Kirche im Westen frühzeitig auf einen Sonntag festlegte.

Darüber kam es schon im zweiten Jahrhundert zum Osterfeststreit. Das Konzil von Nizäa fand im Jahr 325 eine Lösung und legte drei Bedingungen für die Berechnung des Ostertermins fest: Die Tag- und Nachtgleiche des Frühjahrs musste stattgefunden haben, das ist der 21. März, und der erste Vollmond musste abgewartet werden. Schließlich sollten auch die Juden schon Pessach gefeiert haben. Damit wollten sich die Christen stärker von ihnen absetzen. Seit 325 fiel Ostern somit im Osten wie im Westen auf den Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond.

Bis 1582 blieb diese Regel gültig. Dann stellten Astronomen fest, dass der alte julianische Kalender erheblich vom natürlichen Jahreslauf abwich. Das nach dieser Methode eingeteilte Jahr war schlichtweg zu lang. Papst Gregor XIII. führte eine Reform durch und strich kurzerhand zehn Tage, um die Differenz auszugleichen; seither gibt es regelmäßig Schaltjahre. Diese Reform wollte die Ostkirche nicht übernehmen, da damit auch die Bedingung des absolvierten Pessach-Festes fallen gelassen wurde.

Fortan wurden zwei unterschiedliche Kalender zur Bestimmung von Ostern genutzt. Seitdem überschneiden sich beide Termine nur noch dann, wenn der Vollmond, der auf die Tagundnachtgleiche folgt, so spät liegt, dass er auch für den Julianischen Kalender der erste Vollmond nach dem 21. März ist.

Das ist in unregelmäßigen Abständen der Fall. In den letzten Jahren trat dies häufiger auf: 2001, 2004 und 2007 – und nun 2010. In den nächsten Jahren noch einmal in den Jahren 2011, 2014 und 2017 – danach erst wieder 2034. Insgesamt findet der Termin für das Osterfest der Ost- und Westkirchen in diesem Jahrhundert 27mal gemeinsam statt. Danach wieder für lange Zeit nicht mehr.

Schon länger gibt es Bestrebungen, sich auf ein gemeinsames Osterdatum zu einigen. Auf einer Konferenz 1997 im syrischen Aleppo wurde ein Vorschlag für ein gemeinsames Osterdatum besprochen. Darin war vorgesehen, von astronomischen Beobachtungen auszugehen – Jerusalem wäre dabei der Bezugs-Meridian gewesen.

Die neue Regelung sollte ab 2001 gelten, da in diesem Jahr die Osterfeste der West- und Ostkirchen zusammenfielen (15. April gregorianisch / 2. April julianisch). Eine Einigung scheiterte im Wesentlichen an Bedenken orthodoxer Würdenträger. Ihr Osterdatum hätte sich sofort und teils erheblich verändert, wogegen in den westlichen Kirchen die neue Berechnung erst ab 2019 gegriffen und nur in wenigen Jahren zu einem neuen Ostertermin geführt hätte.

Ein ähnlicher Plan hatte schon einmal in den 1920er Jahren großen Unmut unter den Mitgliedern der Ostkirche ausgelöst. Auch die in den Ostkirchen geltende Zusatzregel, dass Ostern immer nach dem jüdischen Pessach stattfinden muss, hätte aufgegeben werden müssen. Das kann aber nur durch ein Ökumenisches Konzil der Ostkirche geändert werden.

Hinweis der Redaktion: Der Verfasser des Beitrages ist Dr. Martin Bräuer, Catholica-Referent am Konfessionskundlichen Institut Bensheim und zuständig für den Arbeitsbereich "Kirchen im Heiligen Land". Er war zuletzt im März 2010 in Israel und Palästina.
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