Deutschland: Katholische Kirche erhält Journalistenpreis "Verschlossene Auster“ für Umgang mit den Missbrauchsskandalen

Hamburg/Deutschland | APD

Hamburg/Deutschland, 21.07.2010/APD Die "Verschlossene Auster", der Kritik-Preis der deutschen Journalistenvereinigung "netzwerk recherche" (nr) für den "Informationsblockierer des Jahres", geht 2010 an die römisch-katholische Kirche für ihren Umgang mit den Missbrauchsskandalen. Stellvertretend für die Kirche nahm Matthias Kopp, Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, den Preis in Hamburg entgegen.

 "Es wurde vertuscht, verleugnet und verheimlicht," heißt es in der nr-Pressemitteilung. "Die deutschen Bischöfe geben bei der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle nur die Tatsachen zu, die sich nicht mehr leugnen lassen. Die katholische Kirche respektiert nicht den Anspruch der Öffentlichkeit auf frühzeitige und vollständige Information und widerspricht damit ihren eigenen Werte-Postulaten nach Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit", sagte Prof. Dr. Thomas Leif, Vorsitzender von „netzwerk recherche“, zur Jurybegründung.

Jahrzehntelang sei geschwiegen worden. Pädophile Pfarrer sind, trotz bekannter Fälle des sexuellen Missbrauchs, immer wieder geschützt worden. Die Täter hätten nicht nur ihre Machtpositionen missbraucht, sondern auch die Körper und Seelen ihrer Opfer. Den Aussagen der missbrauchten Opfer sei weniger Glauben geschenkt worden als den Priestern. Die Täter, die als Pfarrer autoritäre Instanzen seien, hätten auf diese Weise ein Schweigekartell errichten können, das von der Kirche geduldet wurde.

"Die katholische Kirche muss sich zu einer prinzipiellen Kurskorrektur in ihrer Informationspolitik aufraffen und die Öffentlichkeit künftig unverzüglich und vollständig informieren. Nur so kann sie Stück für Stück dem entstandenen Glaubwürdigkeits-Vakuum begegnen", forderte der nr-Vorsitzende Leif bei der Preisverleihung.

Kopp räumte ein: „Wir haben in einem falsch verstandenen Täterschutz Fehler gemacht und können jetzt nicht zum 'Business as usual' zurückkehren."

Der Kritik-Preis wurde 2010 zum neunten Mal verliehen. Er steht als mahnendes Symbol für mangelnde Offenheit und Behinderung der Pressefreiheit von Personen oder Organisationen gegenüber den Medien. Die Preisträger erhalten zur Erinnerung und als Mahnung zur Besserung eine Skulptur aus reinem Schiefer des Marburger Künstlers Ulrich Behner.

Zu den bisherigen Preisträgern gehört der ehemalige deutsche Bundesinnenminister Otto Schily (SPD); der Lebensmittelkonzern ALDI; die Hypo-Vereinsbank (stellvertretend für die DAX-Unternehmen); der damalige Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) Gerhard Mayer-Vorfelder; der damalige Chef der Deutschen Bahn AG (DB) Hartmut Mehdorn; der ehemalige russische Präsident Wladimir Putin; das Internationale Olympische Komitee (IOK) und 2009 der Bundesverband deutscher Banken (BdB).

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