Protestant erstmals Bürgermeister einer großen russischen Stadt

Moskau/Russland | APD

Moskau/Russland, 02.04.2012/APD Die Autostadt Toljatti mit 720.000 Einwohnern sei die erste große russische Stadt seit der zaristischen Ära, in der ein Protestant zum Bürgermeister gewählt wurde, teilte der Pressedienst der Russischen Evangelischen Allianz (REA) mit.

Bei einer Stichwahl in Toljatti, 1.000 Kilometer südöstlich von Moskau an der Wolga, hätte der parteilose Evangeliumschrist Sergei Andrejew (39) am 18. März für landesweites Aufsehen gesorgt. Mit 57 Prozent der Stimmen besiegte er Alexander Schachow, den Kandidaten von Putins Staatspartei "Einiges Russland", klar. Das sei laut der englischsprachigen "Moscow Times" gelungen, obwohl die nationale Regierung bereits Milliarden Rubel in die bankrotte Autofirma AvtoVAZ gepumpt habe. AvtoVAZ ist Toljattis Hauptarbeitgeber. Die Firma hieß früher Lada, an der auch der italienische Fiat-Konzern beteiligt war.

Laut REA sei im Vorfeld der Wahl Stimmungsmache gegen religiöse Minderheiten betrieben worden. Zwei Wochen vor den Wahlen wären anonyme Plakate mit der hell von der Sonne beschienenen orthodoxen Kathedrale Toljattis aufgetaucht. Daneben sei in dunklen, grauen Farben und von einem schwarzen Raben umkreist, das örtliche baptistische Bethaus zu sehen gewesen.

In einer Stellungnahme am 15. März hat die Moskauer Zentrale der Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten (RUECB) gegen das anonyme Plakatieren protestiert und das anhaltende Schweigen der kommunalen Behörden dazu gerügt. RUECB-Präsident Alexei Smirnow habe den Behörden "religiösen Rassismus" und Gleichgültigkeit gegenüber dem "Schüren interkonfessionellen Hasses" vorgeworfen. Er hätte dazu aufgerufen, "die konfessionellen Unterschiede innerhalb einer einzigen christlichen Tradition bei Wahlen" nicht mehr polemisierend darzustellen.

"Ich bin weder Scientologe, Baptist noch Hare Krishna. Ich bin Evangeliumschrist", sagte der neue Bürgermeister in einem Interview. Nach Angaben von REA sei Sergei Andrejew Mitglied der kleinen "Vereinigung der Missionarischen Kirchen der Evangeliumschristen" mit zwölf Gemeinden in Russland und weiteren dreizehn in der Ukraine.

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