Freikirchen kritisieren Streichung des freikirchlichen Rundfunkrats im SWR

Witten | APD

Witten, 08.07.2013/APD In einem Schreiben an den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Bündnis90/Die Grünen) hat der Präsident der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF), Präses Ansgar Hörsting (Witten), dagegen protestiert, dass die Freikirchen ihren Sitz im Rundfunkrat des Südwestrundfunks (SWR) verlieren. Das sehe der neue SWR-Staatsvertrag vor, den Kretschmann und seine rheinland-pfälzische Amtskollegin Malu Dreyer in Baden-Baden unterzeichnet haben. Die Initiative für die Streichung sei von Kretschmanns Ministerin im Staatsministerium, Silke Krebs (Grüne), ausgegangen.

Hörsting betonte in seinem Brief, diese Entscheidung konterkariere das eigentliche Ziel der Regierung, durch die Reform der Sitzverteilung im Rundfunkrat die gesellschaftliche Pluralität abzubilden. So seien die evangelischen Freikirchen und die orthodoxen Kirchen mit ihren über 800.000 Mitgliedern in Baden-Württemberg "in fast jeder Kommune präsent und engagiert“. Sie hätten ein eigenständiges Profil und würden nicht durch die sieben Rundfunkräte der römisch-katholischen Kirche oder die evangelischen Landeskirchen im SWR vertreten. Hörsting äußerte seine Sorge über "das wahrgenommene Unverständnis“ der Landesregierung "für die Präsenz und die Arbeit dieser vielen kleinen Kirchen und Gemeinschaften“. Die Entscheidung, dass künftig muslimische Verbände mit einem Sitz in dem SWR-Aufsichtsgremium vertreten sein werden, habe Hörsting ausdrücklich begrüßt.

Bekannt geworden waren die Pläne der baden-württembergischen Landesregierung, den freikirchlichen Sitz zu streichen, im Herbst 2012. Mehrere Freikirchenvertreter protestierten bereits damals gegen die Entscheidung, darunter VEF-Präsident Hörsting, die Evangelisch-methodistische Bischöfin Rosemarie Wenner, der Leiter des Landesverbands Baden-Württemberg im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, Manfred Tesch, und der stellvertretende Vorsteher der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Baden-Württemberg, Pastor Michael Walter.

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Baden-Württemberg, Oberkirchenrat Professor Dr. Ulrich Heckel, wandte sich ebenfalls gegen die Streichung des Sitzes der Freikirchen. Er betonte in einem Schreiben an Ministerpräsident Kretschmann, dass zum überwiegenden Teil die bei uns "kleinen Kirchen“ weltweit zu sehr großen Kirchen oder Kirchengemeinschaften gehörten. Sie stellten auch in Deutschland "eine vitale und am öffentlichen Leben hoch interessierte gesellschaftliche Kraft“ dar. Die Freikirchen seien eine plurale und in den letzten Jahrzehnten sich dynamisch entwickelnde zivilgesellschaftliche Gruppe mit einem hohen ehrenamtlichen Standard und großen integrativen Potentialen. Im SWR-Kontingent von Rheinland-Pfalz hätten die Freikirchen gar keinen Sitz. Die Streichung eines einzigen Sitzes "auf null“ würde dazu führen, dass die entsprechenden Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften auch in Rheinland-Pfalz keine Vertretung mehr hätten.

Metropolit Augoustinos, Exarch von Zentraleuropa der Griechisch-Orthodoxen Kirchen und Vorsitzender der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland, teilte Ministerpräsident Kretschmann mit, dass die Streichung des freikirchlichen Rundfunkrates nicht "im Interesse des gesellschaftlichen Auftrags des Rundfunks“ sein könne. Es sei wichtig, dass die Stimme der christlichen Kirchen im höchsten Gremium eines wichtigen Trägers der Informationsgesellschaft gehört werde. "Es ist aber auch von ebenso großer Bedeutung, dass diese Stimme möglichst authentisch gehört wird.“ Die Orthodoxie und die Freikirchen stellten in Baden-Württemberg "einen nicht zu übersehenden Anteil der Christen“ dar.

Der neue SWR-Staatsvertrag solle nach der erforderlichen Verabschiedung durch die Landtage beider Länder zum 1. Januar 2014 in Kraft treten. Der Rundfunkrat könnte nach einer Übergangszeit von 18 Monaten ab dem 1. Juli 2015 in seiner neuen Zusammensetzung tagen.

Der SWR war 1997 aus der Fusion von Süddeutschem Rundfunk und Südwestfunk entstanden und ist mit 3.500 Mitarbeitern die zweitgrößte ARD-Anstalt. Der Staatsvertrag ist die "Verfassung“ des Südwestrundfunks und regelt Aufgaben und die Organisation des Senders.

Die Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) wurde 1926 gegründet. Ihr gehören zehn Mitglieds- und vier Gastkirchen an. Weitere Informationen unter www.vef.de.

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