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Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten nimmt zur aktuellen Pandemielage Stellung

Krisenzeit und Fehlverhalten
„Krisenzeit trägt auch immer das Stigma des Fehlverhaltens in sich“, gaben die Pastoren Werner Dullinger (Ostfildern bei Stuttgart) und Johannes Naether (Hannover), Präsident und Vizepräsident der Freikirche in Deutschland, zu bedenken. Konkret bedeute das, dass wir im Nachhinein mit Fehlern und Unzulänglichkeiten bei bereits getroffenen Entscheidungen sowie bei zukünftigen Entscheidungen leben müssten. Das betreffe gleichermaßen Entscheidungen der Politik wie auch der Kirche. Weil immer noch kein hinreichendes Maß an Gewissheit über Inhalt und Umfang der Gefahren sowie über die Eignung und Erforderlichkeit der ergriffenen Maßnahmen bestehe, könne auch niemand beweisen, dass die angeordneten Beschränkungen unverhältnismäßig waren oder sind. „Diese Erkenntnis sollte uns vor Besserwisserei bewahren und demütig machen.“

Die Krise suspendiere jedoch nicht das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung. „Dieses Recht gilt auch innerhalb der eigenen Kirche und es schließt die kontroverse Diskussion über unterschiedliche Meinungen ausdrücklich ein“, stellen die beiden Kirchenleiter in einer Stellungnahme zur aktuellen Pandemielage fest.

Keine Verharmlosung oder Verschwörungsglaube
Allerdings distanzierten sich Dullinger und Naether ausdrücklich und entschieden von jeglicher Verharmlosung der Covid‐19 Pandemie, wie sie in verschiedenen schriftlichen oder digitalen Beiträgen zum Ausdruck käme. „Wir sehen darin ein verantwortungsloses Handeln, das zur Gefährdung der Bevölkerung beiträgt und unsolidarische Züge trägt. Wir begegnen dem deutlich und in der Klarheit der sachlichen Auseinandersetzung.“ Die aktuelle Entwicklung der Neuinfektionen und die zahlreichen Toten sprächen eine eigene Sprache, die wenig Raum gebe für alternative Deutungen.

Ebenso distanzierten sich die adventistischen Kirchenleiter von solchen Äußerungen, welche die Pandemie als eine systematisch und willentlich herbeigeführte Krise identifiziere, die durch eine bestimmte Gruppe mächtiger Persönlichkeiten auf geheimem Weg initiiert worden sei. „Hier wird die Wirklichkeit ad absurdum geführt und die komplexen Zusammenhänge einer ernsten weltweiten Krise auf eine nicht beweisbare ‚Alternative‘ reduziert.“ Die Freikirchenleitung habe sich entschieden, solchem Verschwörungsglauben in ihrem Verantwortungsbereich keinen Raum zu geben. „Das betrifft unsere Kirchengebäude, Institutionen und Medienanstalten.“

Dabei handele es sich laut Dullinger und Naether aber nicht um einen „Maulkorb“ für Mitglieder der Freikirche, oder eine „Zensur“, sondern um das in der adventistischen Gemeindeordnung klar festgelegte Verfahren, wer im Namen der Freikirche auftreten dürfe und wer nicht.

Leid mindern, Hoffnung verbreiten

Christen seien gerade in der Krise herausgefordert, Menschen zu begleiten und ihnen Hoffnung zuzusprechen. Das geschehe durch das Evangelium von Jesus Christus, weil in ihm die Nähe Gottes zu jedem einzelnen Menschen zum Ausdruck komme. „Jesus zeigte sich solidarisch und hatte keine Scheu, den Kranken und Hilflosen zu begegnen, um sie zu heilen“, gaben die beiden Freikirchenleiter zu bedenken. Christen sollten sich am Beispiel Jesu orientieren und ehrlich reflektieren, wie sie sich persönlich in der Krise verhalten, um sich selbst und damit andere zu schützen, sodass Hilfe und das Gute von ihnen aus weitergegeben werden könne.

Darüber hinaus habe Jesus klare Worte gefunden, indem er Krisen, Konflikte und schwere Krankheiten als Kennzeichen einer Welt beschreibe, die der Erlösung bedarf. Adventisten würden die Hoffnung auf eine Welt ohne Leid und Tod in ihren Herzen tragen, so wie es die Bibel beschreibe. Bis zu deren Verwirklichung durch Gott seien sie aufgerufen, sich „engagiert, wachsam und verantwortungsvoll in unsere Gesellschaft einzuweben, Leid zu mindern und Hoffnung weiter zu tragen“.

Die Stellungnahme zur aktuellen Pandemielage im Wortlaut:

https://bit.ly/STA_Pandemielage_11_2020.




Stellungnahme der adventistischen Freikirchenleitung zur aktuellen Corona-Krisensituation

Kontaktbeschränkungen
Die Freikirchenleitung weist darauf hin, dass die bisher geltenden Kontaktbeschränkungen weiter ihre Gültigkeit haben. Dazu gehört die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern bei Begegnungen mit Personen. Die Empfehlung zum Tragen sogenannter (nicht-medizinischer) Alltagsmasken oder Community-Masken in öffentlichen Räumen, in denen der Mindestabstand regelhaft nicht gewährleistet werden kann, etwa beim Einkauf oder in öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Bewältigung der dienstlichen Aufgaben im Home-Office (Heimarbeit) wird so weit wie möglich weiter fortgesetzt. Die Umsetzung eines noch in Arbeit befindlichen Hygienekonzepts, mit dem Ziel, Infektionsrisiken bei erforderlichen Kontakten durch besondere Hygiene- und Schutzmaßnahmen zu minimieren.

Nachverfolgungs-App
Die Freikirchenleitung unterstützt die Bemühungen der Bundesregierung um eine Nachverfolgungs-App (tracing-app) für Smartphones und empfiehlt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, diese App bei Verfügbarkeit und nach einer abschließenden datenschutzrechtlichen Prüfung und Freigabe auf den Dienstgeräten zu installieren.

Veranstaltungen
Alle „Großveranstaltungen“ sind bis einschließlich 31. August 2020 untersagt. Um Planungssicherheit zu gewährleisten, empfehlt die Leitung für den Bereich der Freikirche und den mit ihr verbundenen Jugendverbänden dringend, alle für diesen Zeitraum geplanten Maßnahmen wie Gruppenreisen, Freizeiten, Pfadfinderlager und ähnlich gelagerte Veranstaltungen abzusagen. Für die Zeit in den ersten Septemberwochen können noch keine verlässlichen Angaben gemacht werden, es wird aber empfohlen, auch hier eher Stornierungen einzuplanen.

Gottesdienste
Gottesdienste und gottesdienstliche Versammlungen und Zusammenkünfte sollen bis
auf Weiteres auf mediale Wege beschränkt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt könnten keine Angaben darüber gemacht werden, wann Gottesdienste in den Adventgemeinden wieder regulär stattfinden können. Informationen dazu würden im Zuge der aktuellen Gespräche der Bunderegierung mit Vertretern der Religionsgemeinschaften erwartet.

Privates Reisen und Besuche
Um eine weiträumige Ausbreitung des Virus möglichst zu verhindern, gelte auch weiterhin die Aufforderung, generell auf private Reisen und Besuche, auch von Verwandten, zu verzichten. Das betreffe auch Inlandsreisen und überregionale tagestouristische Ausflüge.

Dauer der Maßnahmen
Diese Maßnahmen gelten für den Bereich der Freikirche ebenfalls bis 3. Mai 2020. Eine Ausnahme bilden die erwähnten Veranstaltungen, die bis zum 31. August 2020 untersagt sind.

Die Vorstände des Nord- und Süddeutschen Verbandes der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten wollen alle zwei Wochen die Maßnahmen evaluieren und zeitnah nach weiteren Veröffentlichungen der Bundesregierung und der Bundesländer die für die Freikirche wichtigen Verordnungen und Empfehlungen bekannt geben.

Diese Stellungnahme ist auch auf dem neu eingerichteten Blog unter
https://blog.adventisten.de zu finden.

Die Lockerungsbeschlüsse der Bundesregierung im Wortlaut:
https://www.bundesregierung.de/resource/blob/973812/1744226/bcf47533c99dc84216eded8772e803d4/2020-04-15-beschluss-bund-laender-data.pdf?download=1

Die Ansprache von Pastor Johannes Naether kann hier angeschaut werden:
https://youtu.be/5bl1TJCISOk

In Deutschland gibt es rund 35.000 mündig getaufte Siebenten-Tags-Adventisten in 555 örtlichen Adventgemeinden. Weitere Informationen unter www.adventisten.de.