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Jüdisches Institut fordert Anspruch auf Arbeitsruhe am Sabbat

Am 6. November fand in Berlin die öffentliche Tagung „Gut Schabbes? Chag Sameach! Religionsfreiheit und Respekt für die Arbeitsruhe an Schabbat und jüdischen Feiertagen“ statt. Religionsverfassungsrechtler, jüdische und christliche Theologen diskutierten Politikern darüber, welche Veränderungen im Feiertagsrecht notwendig seien, damit sich jüdisches Leben hierzulande diskriminierungsfrei entfalten könne. Organisiert wurde die Tagung von der Experteninitiative Religionspolitik (EIR), der Jüdischen Studierendenunion Deutschland und der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie dem Tikvah Institut.

In einer Pressemitteilung des Tikvah-Instituts wird sein Geschäftsführer, der ehemalige religionspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Volker Beck, mit der Forderung zitiert: „Die Feiertagsgesetze der Bundesländer müssen endlich klarstellen, dass Jüdinnen und Juden an Schabbat und den Hohen Feiertagen einen Anspruch auf Arbeitsruhe haben.“

Probleme mit Prüfungsterminen am Sabbat

Das Tikvah Institut führt als Beispiel die Probleme an, die sich ergeben, wenn an Hochschulen Prüfungtermine oder Pflichtveranstaltungen auf einen Samstag fallen. Hier gebe es in den Bundesländern unterschiedliche Regelungen, führte die jüdische Theologin Hannah Rubin auf der Tagung aus. Beispielsweise gebe es in Thüringen keinerlei Regelungen, während es das Land Baden-Württemberg einen Staatsvertrag mit dem Judentum abgeschlossen habe, der Menschen jüdischen Glaubens zumindest für den Gottesdienstbesuch freistellt. Auch Bayern und Berlin wurden ebenfalls als positive Beispiele genannt. So sei beispielsweise in Berlin gewährleistet, dass jüdische Kinder und solche, deren Eltern der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten angehören, in Schulen von Verpflichtungen freigestellt seien, die an einem Samstag stattfinden. Im Unterschied zu Mitgliedern anderer Kirchen begehen die Siebenten-Tags-Adventisten ihren wöchentlichen Ruhetag (Sabbat) gemäß der Bibel am Samstag und geraten daher, ähnlich wie Menschen jüdischen Glaubens, zuweilen in Konflikt mit schulischen oder anderen Pflichtterminen, die auf diesen Tag fallen.

„Christliches Feiertagsverständnis macht andere zu Bittstellern“

Zwar schützt die deutsche und europäische Rechtsprechung grundsätzlich die freie Religionsausübung, zu der auch die Beachtung eines religiös begründeten Arbeitsverbots am Sabbat und an hohen jüdischen Feiertagen gehört. Jedoch folge die Feiertagsgesetzgebung in den Bundesländern weitgehend dem christlichen Feiertagsverständnis, was Angehörige anderer Religionen zu Bittstellern mache, wurde auf der Tagung bemängelt. „Trotz 1700 Jahre jüdischem Leben in Deutschland, denken sie jüdische Religionspraxis nicht mit. Zwar sind die hohen jüdischen Feiertage in manchen Feiertagsgesetzen der Bundesländer teilweise erwähnt – gewährleistet wird aber allenfalls der Besuch des Gottesdienstes. Keines der Gesetze schützt die jüdische Religionspraxis umfassend. Die für Jüdinnen und Juden geltenden Regelungen finden sich zum Teil an anderer Stelle“, so die Pressemitteilung des Tikvah Instituts.

Darin wurde auch der Vorschlag von Rabbiner Daniel Fabian zitiert, Prüfungen allgemein nur an Wochentagen (Montag bis Freitag) abzuhalten. Zudem könne nach seinen Worten ein zentraler Kalender mit den Feiertagen der Religionen Abhilfe schaffen.

Am Ende der Tagung wurde die Hoffnung formuliert, dass diese nicht folgenlos bleibe und das Judentum nicht nur anlässlich von Gedenktagen – wie beispielsweise dem 9. November – als bedeutsam für die Gesellschaft in Deutschland bezeichnet werde.

Tikvah Institut

Das als gemeinnützig anerkannte Institut ist nach dem hebräischen Wort für Hoffnung „Tikvah“ benannt. Es wurde im Sommer 2020 von Deidre Berger und Volker Beck in Berlin gegründet und versteht sich als Scharnier zwischen Wissenschaft und Bildung im Bereich der Antisemitismusbekämpfung. Das Institut möchte ein breiteres Verständnis für jüdische Geschichte und jüdisches Leben, eine Sensibilisierung für alle Formen des Antisemitismus und einen respektvollen Umgang mit dem jüdischen und demokratischen Staat sowie Kenntnisse der pluralen israelischen Zivilgesellschaft und ihrer Kontroversen fördern.




Allianzgebetswoche zum Thema Sabbat: Ergänzendes Materialangebot der Adventisten

Zur AGW gibt es ein Vorbereitungsheft, das für jeden Tag einen der folgenden Aspekte des Sabbats anhand von Bibeltexten thematisiert: Identität, Versorgung, Ruhe, Barmherzigkeit, Erinnerung, Freude, Großzügigkeit und Hoffnung. Als vorbereitende Lektüre wird der Artikel „Sabbat – Gottes verschmähtes Geschenk?“ aus der christlichen Zeitschrift Aufatmen, (Ausgabe 3/2021), empfohlen, die im Bundes-Verlag, Witten, erscheint. Er kann unter https://www.allianzgebetswoche.de/fileadmin/user_upload/Dr.Schaeffer_Sabbat__AUFATMEN_3-2021.pdf kostenlos heruntergeladen werden. Autor ist Dr. Raffael Schäffer (Bensheim), ein Mitglied der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten. Das gesamte AGW-Material kann auf der Website www.allianzgebetswoche.de bestellt oder heruntergeladen werden.

Ergänzende Aspekte im Zusatzmaterial

Das zusätzliche Material der Adventisten stammt aus ihren Publikationen der letzten Jahre und umfasst u. a. folgende Aspekte: „Im Leben angekommen – wie wir den Segen des Sabbats wirklich erleben können“; „Der Sabbat – ein Urlaubstag mit Jesus“; „1700 Jahre Sonntagsgesetz – wie aus dem Sabbat der Sonntag wurde“; „Die Kirchenväter und der Sonntag“.

Die einzelnen Themen des Materials können als pdf-Dateien auf www.adventisten.de (rechte Randspalte) heruntergeladen werden.

Auch der Fernsehsender Hope TV strahlt anlässlich der Allianzgebetswoche eine Reihe von Sendungen zum Thema Sabbat aus. Die genauen Themen und Termine sind hier zu finden: https://hopemedia.eu/news/news/go/2022-01-11/allianzgebetswoche-zum-thema-sabbat-spezial-sendungen-auf-hope-tv/ Die Sendungen sind auch in der Hope TV-Mediathek verfügbar.

Evangelische Allianz in Deutschland

Die Evangelische Allianz in Deutschland (EAD) mit Sitz in Bad Blankenburg (Thüringen) ist ein eingetragener Verein, dem sich ein Netzwerk von Christen und Organisationen aus verschiedenen protestantischen Kirchen und Gemeinschaften zugehörig fühlt. Zum Netzwerk der EAD gehören ca. 1000 örtliche Allianzkreise, in denen sich Christen aus verschiedenen lokalen Gemeinden und Organisationen, aus Landes- und Freikirchen sowie christlichen Gruppen und Werken treffen, um vor Ort zusammenzuarbeiten. Die EAD ist Mitglied der weltweiten Evangelischen Allianz, die mit 600 Mio. Mitgliedern in 129 Ländern international die größte kirchliche Vereinigung nach der Römisch-katholischen Kirche ist.

Siebenten-Tags-Adventisten

Die protestantische Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten ist weltweit in 213 Ländern und Territorien tätig und hat rund 22 Millionen Mitglieder. In Deutschland gibt es rund 35.000 erwachsen getaufte adventistische Christen. Die Adventisten unterhalten mit über 8.800 Grundschulen, höheren Schulen und Universitäten das global größte protestantische Bildungswerk. Darüber hinaus unterhalten sie weltweit zahlreiche Krankenhäuser, Pflegeheime und weitere soziale Einrichtungen. Ihr Hilfswerk ADRA kümmert sich in 130 Ländern um humanitäre und soziale Bedürfnisse der Menschen.




Am 23. Oktober die Schöpfung feiern

Anlässlich des diesjährigen Schöpfungssabbats, der auf den 23. Oktober fällt, wurde ein neuer Film in der Doku-Reihe „Seeking Understanding“ (Auf der Suche nach dem Verstehen) veröffentlicht.

Der Dokumentarfilm dreht sich um Dr. Arthur Chadwick, einen Naturwissenschaftler, und eine abgelegene Gegend von Wyoming in den USA, wo unter dem Staub und dem Gras einer Rinderfarm einst ein erstaunlicher Schatz an Dinosaurierknochen verborgen lag. Zusammen mit einem Team von Wissenschaftlern der Southwestern Adventist University und anderer adventistischer Hochschulen konnte Dr. Chadwick das Geheimnis lüften, wie diese Knochen in dieses abgelegene Gebiet in den Vereinigten Staaten gelangt sind.

Wie Wissenschaft zum Glauben führte

Der Film zeigt die einzigartigen Technologien, die bei der Aufzeichnung der Knochen im Dinosaurierknochenbett verwendet wurden. Er erzählt auch die Geschichte, wie Chadwick, der als Kind Pastor werden wollte, die Paläontologie entdeckte. Er geht auch der Frage nach, warum Chadwick seinen Glauben nicht verloren hat und wie die Wissenschaft, mit der er sich beschäftigt, ihn dazu bringt, an den Schöpfergott der Bibel zu glauben. „Ich hoffe, dass der Schöpfungssabbat als Erinnerung dienen kann, wie wunderbar der Gott ist, den wir anbeten, und wie schön die von menschlicher Schädigung gezeichnete Schöpfung noch ist“, so sein Kollege, der Biologe Timothy Standish, Wissenschaftler am geowissenschaftlichen Forschungsinstitut der Loma Linda University (Kalifornien).

Eine besondere Zeit des Feierns

Der Schöpfungssabbat sei ein besonderer Sabbat, der dazu bestimmt sei, die Aufmerksamkeit wieder auf das zentrale Thema der Bibel zu lenken: der Liebe des Schöpfers zu den Menschen. Der Schöpfungssabbat sei daher eine „besondere Zeit des Feierns, eine Gelegenheit, sich darüber zu freuen, was Gott getan hat, ihn für die reichen Gaben zu preisen, die er uns geschenkt hat und mit ihm zu ruhen, während wir uns an der Schöpfung erfreuen, die er geschaffen hat, um unser Leben zu erhalten und denen Freude zu bringen, die ihn kennen“, heißt es in einer Begleitinformation zum Schöpfungssabbat. Der Sabbat sei nach dem Wortlaut der Zehn Gebote (Die Bibel – 2. Mose 20,11) ein besonderer Gedenktag für die Schöpfung und der jährliche Schöpfungssabbat soll diesen Aspekt besonders betonen.

Weitere Informationen und Ressourcen für die Feier des Schöpfungssabbats gibt es unter: creationsabbath.net

Kommende Allianz-Gebetswoche thematisiert weitere Aspekte des Sabbats

Der Sabbat steht auch im Mittelpunkt der kommenden Gebetswoche der Evangelischen Allianz in Deutschland, die vom 9.–16. Januar 2022 stattfindet. Ihr Motto lautet „Sabbat – Leben nach Gottes Rhythmus“. Dabei werden die folgenden Aspekte des Sabbats thematisiert: Identität, Versorgung, Ruhe, Barmherzigkeit, Erinnerung, Freude, Großzügigkeit und Hoffnung. Siehe dazu die entsprechende APD-Meldung vom 19. Oktober:

https://www.apd.info/2021/10/19/allianz-gebetswoche-2022-zum-thema-sabbat-leben-nach-gottes-rhythmus/




Allianz-Gebetswoche 2022 zum Thema „Sabbat – Leben nach Gottes Rhythmus“

„Sabbat – Gottes verschmähtes Geschenk?“

Zur AGW gibt es ein Vorbereitungsheft, das für jeden Tag einen der folgenden Aspekte des Sabbats anhand von Bibeltexten thematisiert: Identität, Versorgung, Ruhe, Barmherzigkeit, Erinnerung, Freude, Großzügigkeit und Hoffnung. Als vorbereitende Lektüre wird der Artikel „Sabbat – Gottes verschmähtes Geschenk?“ aus der christlichen Zeitschrift Aufatmen, (Ausgabe 3/2021), empfohlen, die im Bundes-Verlag, Witten, erscheint. Er kann unter https://www.allianzgebetswoche.de/fileadmin/user_upload/Dr.Schaeffer_Sabbat__AUFATMEN_3-2021.pdf kostenlos heruntergeladen werden. Autor ist Dr. Raffael Schäffer (Bensheim), ein Mitglied der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, die seit ihrer Gründung 1863 den biblischen Sabbat am Samstag feiert und eine ausführliche Sabbat-Theologie entwickelt hat.

Das gesamte AGW-Material kann auf der Website www.allianzgebetswoche.de bestellt oder heruntergeladen werden. Auf der Webseite finden sich Ideen und Impulse zur Gestaltung der Gebetswoche, beispielsweise die Beschreibung eines traditionellen Sabbat-Essens in Jerusalem.

An der Allianz-Gebetswoche beteiligen sich an vielen Orten Deutschlands Kirchengemeinden verschiedener protestantischer Konfessionen.

Evangelische Allianz in Deutschland

Die Evangelische Allianz in Deutschland (EAD) mit Sitz in Bad Blankenburg (Thüringen) ist ein eingetragener Verein, dem sich ein Netzwerk von Christen und Organisationen aus verschiedenen protestantischen Kirchen und Gemeinschaften zugehörig fühlt. Die theologische Basis der Allianz ist das biblische Zeugnis von der Erlösung der Menschen durch Jesu Tod und Auferstehung. Zum Netzwerk der EAD gehören ca. 1000 örtliche Allianzkreise, in denen sich Christen aus verschiedenen lokalen Gemeinden und Organisationen, aus Landes- und Freikirchen sowie christlichen Gruppen und Werken treffen, um vor Ort zusammenzuarbeiten. Arbeitsfelder der Allianzmitglieder sind diakonische, pädagogische, publizistische und missionarische Aktivitäten in mehr als 370 Einrichtungen. Die EAD ist Mitglied der weltweiten Evangelischen Allianz, die mit 600 Mio. Mitgliedern in 129 Ländern international die größte kirchliche Vereinigung nach der Katholischen Kirche ist. Die Evangelische Allianz wurde 1846 als weltweiter Verbund in London gegründet. Damit ist sie die am längsten bestehende gemeindeübergreifende Verbindung evangelischer Christen.




1700 Jahre Sonntagsgesetz - Verlegung des Gottesdienstes vom Sabbat auf den Sonntag aus antijüdischen Motiven?

Laut Hartlapp gab es im Jahr 300 n. Chr. im Römischen Reich mehr als sechs Millionen Christen. Das entsprach etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Der römische Kaiser Diokletian (284-305 n. Chr.) sah darin eine Bedrohung für das auseinanderdriftende Weltreich. Deshalb erließ er im Jahr 303 n. Chr. die bislang umfangreichsten Verordnungen zur Eindämmung des Einflusses der Christen. Nach seinem Tod blieben die nachfolgenden Mitkaiser dieser harten Linie der Ausrottung des Christentums treu.

Christliche Werte für den Zusammenhalt des Römischen Reiches
Der Platz der Christen im öffentlichen Leben konnte jedoch nicht dauerhaft zurückgedrängt werden. Das führte zu der Einsicht, die Verfolgungen aufzugeben. Im Westen des Reiches beendeten die Mitkaiser Konstantin und Licinius 313 n. Chr. im sogenannten „Mailänder Toleranzedikt“ alle Christenverfolgungen. Sie erkannten die christliche Religion als gleichberechtigt an, ließen das konfiszierte Eigentum zurückgeben und zerstörte Kirchen wiederaufbauen. Weitere Zuwendungen und Vergünstigen stellten das Christentum den anderen Kulten nicht nur gleich, sondern ließen sogar eine bevorzugte Behandlung erkennen.

Konstantin schien davon überzeugt, so Hartlapp, dass die hohe Moral, das Rechtsempfinden und die Werte der Christen einen wesentlichen Beitrag für den Zusammenhalt des Reiches leisten könnten. Mit großem Eifer setzte er sich dafür ein, den christlichen Glauben von allem sichtbaren Makel, wie internen Spannungen, zu reinigen. Kleriker wurden von öffentlichen Verpflichtungen und steuerlichen Abgaben befreit, um sich sozialen Aufgaben des Reiches, etwa der Armenpflege widmen zu können Auf diese Weise hoffte der Kaiser, die Organisation der christlichen Kirche für das Gesamtwohl nutzbar machen zu können. Die Bischöfe erhielten richterliche Befugnisse auch auf dem Gebiet des Zivilrechts.

Die beiden Sonntagsgesetze
In dieses Bild reihten sich die zwei Gesetze aus dem März 321 n. Chr. ein, von denen das erste in folgendem Wortlaut überliefert ist: „Alle Richter, ebenso wie das Volk in den Städten, und die Ausübung aller Künste und Handwerke, sollen am heiligen Tag der Sonne ruhen. Dagegen dürfen diejenigen, welche auf dem Lande wohnen, dem Ackerbau frei und ungehindert nachgehen, weil es sich oft trifft, dass nicht gut an einem anderen Tag das Getreide in die Furchen gesät oder die Weinstöcke in die Reihen gegraben werden können, damit nicht zugleich mit der Gelegenheit des Augenblicks der durch die himmlische Vorsicht verliehene Vorteil verloren gehen.“

Die andere Verordnung, wenige Tage später und ebenfalls an Elpidius, den Stadtpräfekten von Rom adressiert, schützte den Sonntag vor Unwürdigem und fordert stattdessen Taten, die Gott wohlgefällig sind, etwa die Freilassung von Sklaven. Beide Gesetze sind uns nicht aus der Regierungszeit Konstantins überliefert, sondern befinden sich in den Rechtssammlungen des Kaisers Justinian I. (527–565 n. Chr.).

Johannes Hartlapp weist darauf hin, dass die beiden sogenannten Sonntagsgesetze ohne die dazugehörenden Gesetzesbegründungen überliefert seien. Deshalb wäre unklar, aus welchem Grund und mit welcher Absicht und Argumentation Konstantin diese Gesetze erlassen habe. Im knappen Gesetzestext finden sich keine typisch christlichen Begriffe jener Zeit. So wird weder vom „Herrentag“ als Hinweis auf die Feier der Auferstehung Jesu am Sonntag noch von Gott als dem Urheber aller Dinge gesprochen.

Deshalb stelle sich die Frage, warum in späteren Jahrhunderten diesen Verordnungen eine so umfassende Bedeutung beigemessen wurde. Während der Regierung Konstantins änderte sich der Status der Christen im Reich grundlegend. Einer „gewissen Verstaatlichung der Kirche entsprach die Verchristlichung des Staates“. Doch erst in der frühen Neuzeit, vor allem im englischen Puritanismus des 16. und 17. Jahrhunderts, lebte neben dem verpflichtenden Gottesdienstbesuch im Mittelalter das strikte Arbeitsverbot am Sonntag, das vom Sabbatgebot auf den Sonntag übertragen wurde, als Zeichen der Sonntagsheiligung wieder auf, gab Hartlapp zu bedenken.

Sonntagsfeier zur Abgrenzung von den Juden
Bereits am Beginn des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts lasse sich eine Verschiebung des Gottesdienstes vom Sabbat auf den Sonntag nachweisen. Zwar sei die Auferstehung Jesu für die ersten Christen das alles überragende Ereignis gewesen, doch gebe es im Neuen Testament keinen Hinweis darauf, dass die Apostel dem Sonntag als Tag der Auferstehung eine besondere Bedeutung zugemessen hätten und ihn gegenüber dem Sabbat qualifizierten.

Erst die politischen Ereignisse nach den jüdischen Aufständen 66-74 und 132-136 n. Chr. bewirkten bei manchen Christen ein Umdenken. Die ersten Christen hätten von den Privilegien der jüdischen Mitbürger profitiert, so von der Befreiung vom obligatorischen Opfer für den Kaiser. Das mag nicht unwesentlich dazu beigetragen haben, dass die christlichen Gemeinden im 1. Jahrhundert ohne größere Verfolgungen schnell wachsen konnten, meint Hartlapp. Doch nach dem jüdischen Bar-Kochba-Aufstand gegen die römische Besatzungsmacht (132–136 n. Chr.) hätten sich die Christen immer mehr von den Juden distanziert.

Das erste Erkennungszeichen der Juden sei die Feier des wöchentlichen Sabbats gewesen. „Mit der Verlegung des Gottesdienstes traten antijüdische Tendenzen in den Raum, aus denen sich eine Judenfeindschaft bildete, die in der Judenvernichtung der Nazis ihren beschämenden Höhepunkt erlebten“, so Hartlapp. Christen meinten, sie müssten die Selbstbelastung der Juden vor Pilatus „Sein (Jesu) Blut komme über uns und unsere Kinder“ (Mattäus 27,25) in die Tat umsetzen. Um nicht länger als Juden zu erscheinen, hätten wohl erst einzelne, dann aber immer mehr Christen begonnen, den Sonntag als Gottesdiensttag zu nutzen. Zeitweise wären in den christlichen Gemeinden Sabbat und Sonntag gleichwertig nebeneinander gestanden. Konstantin habe mit seiner Gesetzgebung jedoch neue Tatsachen geschaffen.

Politische Absicht des Sonntagsgesetzes

Im Römischen Reich habe es bis zu diesem Zeitpunkt keinen wöchentlichen Feiertag und keine allgemeingültige Staatsreligion gegeben. Aber gerade in einem für alle Bürger geltenden Kultus hoffte der Kaiser die Einheit des Staates wiederherstellen zu können. Dazu schien ihm der weithin verbreitete christliche Ruhetag, der schon von etwa zehn Prozent der Bevölkerung gefeiert wurde, genau richtig zu sein, schlussfolgert Johannes Hartlapp. Der Tag der Sonne habe sich geradezu angeboten. Die Verehrung der Sonne sei Bestandteil vieler Religionen gewesen. Und es schien auch der Kirche nicht schwer, eine Analogie zum christlichen Glauben herzustellen: Jesus Christus, die Sonne der Gerechtigkeit. Konstantin sei es dabei wohl mehr um den einheitlichen Kultus als um Glaubensinhalte gegangen.

Konstantins Sonntagsgesetze nur für eine Minderheit

Ungewöhnlich erscheint dem Autor des Artikels, dass Konstantin nach den Sonntagsverordnungen des Jahres 321 andere Gesetze in Kraft setzte, die einer Sonntagsheiligung und Arbeitsruhe entgegenstanden, beispielsweise ein Gesetz, in dem regelmäßige Handelsmärkte am Sonntag festgesetzt wurden. Es sollte auch nicht übersehen werden, dass von den Konstantinischen Sonntagsgesetzen nur eine Minderheit betroffen war. Die Landbevölkerung, die übergroße Mehrheit der Bürger des Römischen Reiches, war ausgeschlossen und konnte ihren normalen Arbeiten auch am Sonntag nachgehen. Außerdem hätten die Gesetze, die Konstantin 321 erließ, nur den Westteil des Römischen Reiches betroffen. Teilweise erst im Jahr 324 n. Chr. hörten die Verfolgungen im Ostteil des Römischen Reiches auf. Es mag nicht uninteressant sein, so Hartlapp, dass gerade dort noch Jahrhunderte später Christen den Sabbat feierten.

Auf die Frage, warum gerade jetzt das historische Jahr 321 wieder so stark betont werde, antwortet der Dozent für Kirchengeschichte am Schluss seines Beitrags: „Mir scheint, dass in einer globalen Gesellschaft, in der immer mehr traditionelle Werte auf dem Altar der Gewinnmaximierung geopfert werden sollen, der wöchentliche Ruhetag einen Wert darstellt, dessen Bedeutung erneut ins Gedächtnis gerufen werden soll.“

Der Artikel von Johannes Hartlapp „1700 Jahre Sonntagsgesetz“ ist in der März-Ausgabe 2021 der Kirchenzeitschrift „adventisten heute“ ab Seite 8 nachzulesen: https://cloud.eud.adventist.org/index.php/s/mjsn5BiapJD5MBp.




Bischof Bätzing: Plädoyer für einen „Sabbat der Besinnung“

Sabbat – als Gegenpol zur Hektik der Zeit
Schon der emeritierte Papst Benedikt XVI hat in seiner Trilogie über „Jesus von Nazareth“ die soziale und heilende Bedeutung des Sabbats hervorgehoben. Auch der renommierte evangelische Theologe Walter Brueggemann empfiehlt in seinem Werk „Sabbath as Resistance – Saying No to the Culture of Now“ (Sabbat als Widerstand – Nein sagen zur Kultur von heute) die Sabbatruhe als Gegenpol zur Hektik der modernen Zeit.

Verbindung zwischen Corona-Lockdown und Sabbat
Der Limburger Bischof erinnert daran, dass Judentum, Christentum und Islam eine Unterbrechung des wöchentlichen sieben-Tage-Rhythmus verbinde. Bätzing sieht im erlebten Corona Lockdown und der Sabbatruhe eine Wesensverwandtschaft, die es zu ergründen gelte. Er ist überzeugt: „Der Sabbat wirkt.“ Und so ist es nur verständlich, wenn er fragt: „Wann werden die Ökonomen und Lobbyisten des Einzelhandels endlich merken, dass sich Unterbrechung und Auszeit auf lange Sicht sogar rechnen?“

Ein wöchentlicher Ruhetag – eine heilende Unterbrechung
Darum geht es in Bätzings Reflexion – kann dem Lockdown in der Rückschau auch etwas Gutes abgerungen werden? Wie werden Kirchen mit der Corona-Erfahrung umgehen? Könnte ein Blick auf Israels „einzigartigen Umgang mit der Zeit“ helfen? Ein Blick auf den Sabbat, das „Zeitdenkmal der Differenz zwischen der Arbeitswelt der Zwecke und dem Übernützlichen“. Die Ruhe Gottes, den großen Sabbat, feiere Israel ja bis heute an jedem siebten Tag.

Adventisten und der Ruhetag

Bei der weltweiten evangelischen Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten ist der Sabbat sogar ein Merkmal ihrer Überzeugungen, dem von anderen christlichen Denominationen oft mit Unverständnis und Argwohn begegnet wird. Seit ihrer Gründung sehen sie in ihm eine Chance „froher Gemeinschaft – mit Gott und untereinander.“ Der Ruhetag sei ein Sinnbild der Erlösung durch Christus und ein Vorgeschmack ewigen Lebens im Reich Gottes. Als „Tempel in der Zeit“ sei er allen zugänglich, heißt es in ihren Glaubensüberzeugungen.

Das Sabbat-Sofa
Um den Gedanken der heilenden Unterbrechung durch einen wöchentlichen Ruhetag zu kommunizieren, stellten Studenten in einer belebten Londoner Einkaufsstraße ein Sofa auf. Mit dem Slogan „Mach mal Pause“ luden sie Passanten ein, sich einen Moment hinzusetzen. Gewissermaßen ein „Befehl zum Faulenzen“, wie der Autor Volker Kessler in seinem Buch aufruft, den Sabbat wiederzuentdecken.

Ein interreligiöser Feiertag
In diesem Sinne ist Bätzings Reflexion nicht neu, aber aus der Lockdown-Erfahrung eine wiederholte Mahnung zu einem Umdenken über Zusammenhalt, Erinnerung und Erholung für den geplagten und gehetzten Menschen dieser Zeit. Ob der von ihm gewünschte interreligiöse Feiertag in Deutschland eine Chance hat, bleibt abzuwarten.

Zur Reflexion von Bischof Bätzing:
https://www.dbk-shop.de/media/files_public/jnoivfucj/DBK_434.pdf

Mehr Informationen über das Sabbat-Sofa (in englischer Sprache):
https://thesabbathsofa.org/