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Adventisten in Australien wollen Versöhnung mit Ureinwohnern fördern

Die erste Phase des RAP – die Reflexionsphase – prüft die Praktiken und Ressourcen, die der australische Verband der Adventisten derzeit einsetzt, um die Versöhnung mit den Gemeinschaften der Aborigines und Torres Strait Islander zu unterstützen und zu fördern, sowie Initiativen zur Förderung des Versöhnungsauftrags der Kirche. Dazu gehört auch die Bekämpfung von Ungleichheit in 17 Bereichen, in denen Menschen der First Nations derzeit benachteiligt werden, so die Verantwortlichen.

Auch die kircheneigenen Schulen beteiligen sich

Während das Streben nach einer besseren Zusammenarbeit mit den First Nations schon seit vielen Jahren eine Priorität der adventistischen Kirche in der Region ist, haben die australische Kirchenleitung und die adventistischen Schulen Ende 2020 und Anfang 2021 beschlossen, sich an der Entwicklung eines formellen RAP zu beteiligen, um die Beziehungen nicht nur zwischen indigenen und nicht-indigenen Völkern, sondern zwischen Völkern aus allen Kulturen und Nationen zu stärken.

So startete der Verbund der adventistischen Schulen in Australien (Adventist Schools Australia – ASA) einen RAP, dessen zweite Phase (die so gennannte Innovationsphase) Anfang dieses Jahres abgeschlossen wurde. Sie sollte dem ASA die Möglichkeit geben, seine Richtlinien und Praxis zu verbessern, um die Versöhnung aller Volksgruppen innerhalb der Schulen zu fördern.

First Nations überproportional in der Kirche vertreten

„Einer der strategischen Vorhaben der Kirche besteht darin, sich darauf zu konzentrieren, die Dienste für Aborigines und Torres-Strait-Insulaner [ATSIM] in das kulturelle Gefüge der Kirche mit all ihren Diensten zu integrieren und dabei im Auge zu behalten, wie sie unsere First-Nations-Bevölkerung erreichen können“, erklärte der Präsident der Adventisten in Australien, Terry Johnson.

Aborigines und Torres Strait Islander machen 6,6 Prozent der adventistischen Kirchenmitglieder in Australien aus –doppelt so viel wie der Anteil der Ureinwohner an der australischen Gesamtbevölkerung –, so dass die Integration von ATSIM in die Arbeit der Kirche von entscheidender Bedeutung sei, so der Adventist Record.

Versöhnung als Kernaufgabe der Kirche

Der Vertreter ATSIM in der Kirchenleitung, Darren Garlett, lobt die Entscheidung der adventistischen Kirche und betonte: „Für eine Versöhnung mit den Aborigines und Torres Strait Islander braucht es keine große Veranstaltung oder viel Geld, sondern einfach nur Schritte zu mehr kulturellem Bewusstsein. Zu verstehen, wer wir sind, was wir durchgemacht haben und was uns wichtig ist, ist ein guter Anfang für die Versöhnung.“

„Der Dienst der Versöhnung ist ein Kernstück unseres Glaubens“, so Kirchenleiter Terry Johnson. „Als Christen sind wir mit Gott versöhnt, und wir sollten uns auch untereinander versöhnen.“

Vier Phasen des Aktionsplans

Der Aktionsplan zur Versöhnung umfasst vier Phasen: Reflektieren, Innovationen, Ausdehnung und Hervorhebung. Die Verwirklichung jeder Phase dauert zwischen 18 und 36 Monaten. Zusätzlich zur Genehmigung des RAP ernannte der Kirchenvorstand der australischen Adventisten ein Versöhnungskomitee, das die bereits geleistete Arbeit fortsetzen und die adventistische Kirche in Australien bei der Durcharbeitung der nächsten drei Phasen des RAP-Rahmens unterstützen soll.

Adventisten in Australien

Die erste adventistische Kirchengemeinde in Australien wurde 1886 in Melbourne gegründet. Derzeit gibt es 63.401 erwachsen getaufte adventistische Kirchenmitglieder in Australien, die sich in 438 Kirchengemeinden und 106 registrierten Gruppen versammeln (Stand: Juni 2021).




Sprecher bei internationaler Onlinekonferenz der Adventisten thematisieren Rassismus

Das Bild von der „ausgetrockneten Seele“
Zu den Rednern gehörten auch Dr. Barry Black, Kaplan des US-Senats, der über den Abbau von Barrieren im persönlichen Dienst sprach. Ebenso Dr. Ella Simmons, Vizepräsidentin der Kirchenleitung der Siebenten-Tags-Adventisten und Rechtsanwältin Jennifer Woods, assoziierte Juristin am Verwaltungssitz der Freikirche in Silver Spring/USA. Sie diskutierten die Geschichte des Rassismus aus sozialer und biblischer Sicht.

Black, dessen Großvater nach dem Bürgerkrieg als Landarbeiter (Sharecropper) seinen Unterhalt verdiente, begann mit der Geschichte seiner Mutter, die er als „dehydrierte Seele“ bezeichnete. Sie habe nur die vierte Klasse erreicht. Sie sei durch ein evangelistisches Flugblatt auf Veranstaltungen aufmerksam geworden. 12 Wochen lang besuchte sie aus Neugier die Abende.  Die Botschaften füllten sie mit „Wasser – dem lebendigen Wasser“, weil ein Botschafter für Christus aus seiner Komfortzone herausgetreten sei.  Black sagte: „Jeder von uns kann dieser Botschafter sein, der die Welt mit Christus versöhnt… Gott befiehlt uns: ‚Was ihr dem Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.‘ Aber Gott befähigt uns auch, Getränke für ausgetrocknete Seelen bereitzustellen.“

Black verwies auf den Bericht im Bibelbuch Johannes, Kapitel 4. Die Art und Weise, wie Jesus einer Frau dort am Brunnen begegne, sei eine Blaupause, die uns auffordere: „Mache dich auf den Weg, um andere zu segnen; baue Barrieren ab; zeige Freundlichkeit und vermeide Streit und Zank.“ Weiter meinte Black: „Wir wären viel effektiver in unserer Kirchenarbeit, wenn wir uns um Menschen kümmerten, als theologische Dinge zu zitieren. Die Leute interessiert es nicht, wie viel man weiß, bis sie wissen, wie wichtig sie einem seien“. Unser [himmlischer] Vater sendet uns, um den Gefangenen Befreiung zu bringen, den Blinden das Augenlicht wiederzugeben und den Zerschlagenen die Freiheit wiederzugeben.“

Am Ende seiner Ausführungen präsentierte er die Idee eines Senatskollegen. Um Barrieren abzubauen und Gemeinschaft zwischen Kollegen zu schaffen, beschlossen sie, jede Woche nach dem Kirchgang jemanden nach Hause einzuladen, der nicht wie sie aussah. Black forderte die Zuhörer auf, in den kommenden Tagen „sich bewusst zu bemühen, Barrieren abzubauen. Laden Sie jemanden, der nicht so aussieht wie Sie, zum Essen nach Hause ein.“

Rassismus findet nicht isoliert statt
Woods und Simmons untersuchten im weiteren Verlauf der Diskussion den Rassismus aus einer globalen Perspektive und die Auswirkungen, die er auf die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten habe.

Simmons, die während der Bürgerrechtsbewegung in den 1950er und 60er Jahren im Süden der USA aufgewachsen ist, berichtete ihre persönlichen Erfahrungen mit Rassismus. Obwohl es in letzter Zeit bedeutende Fortschritte gegeben habe, sei die Diskriminierung „in den Vereinigten Staaten und in der ganzen Welt in ihren vielen Formen nicht verschwunden, sondern hat neue Dimensionen, Bezeichnungen und Codes angenommen“, sagte sie.

Simmons verwies auf eine Reihe von AbteilungsleiterInnen der Weltkirchenleitung, die über persönliche Erfahrungen mit Rassenprofilen, Vorurteilen und Diskriminierung in ihren Heimatgebieten wie Afrika, Asien, Australien und Europa berichtet hätten. Es sei klar, dass rassistische Ungerechtigkeit jeden Teil des Planeten berühre.

Dem Beispiel Jesu folgen
Woods untersuchte die biblischen Aufzeichnungen und verfolgte die Ursprünge von Voreingenommenheit und Rassismus durch die gesamte biblische Geschichte bis hin zur frühen Kirche. Die Essenz des Rassismus habe im Himmel mit Satans Stolz und Vorurteilen gegen Jesus begonnen. Aus dieser Saat seien rassistische Denkweisen und Verhaltensweisen gewachsen. Diesen Geist würden wir unter den frühen Gläubigen mit einer „Wir gegen sie“-Mentalität sehen. Das hätte sich als schädlich für die Botschaft des Evangeliums erwiesen, wenn sie nicht korrigiert worden wäre.

Um Petrus zu helfen, das tief sitzende Vorurteil zu überwinden, das ihm von Geburt an eingeimpft wurde, habe Gott ihm die Vision von einem himmlischen Laken gegeben, das mit unreinen Tieren gefüllt war. Durch die Vision habe Gott versucht, Petrus zu lehren, dass in den Augen des Himmels alle gleich seien – es gebe keine Vorzugsbehandlung für Mann oder Frau, Jude oder Nichtjude. Petrus habe die Botschaft verstanden.

Die frühen adventistischen Pioniere seien Abolitionisten gewesen – das heißt, sie waren für die Abschaffung der Sklaverei. Im Laufe der Zeit hätten die Adventisten jedoch zugelassen, dass die gesellschaftlichen Normen des Rassismus, der Voreingenommenheit und der Vorurteile „die Kirche infizierten“, so Woods. Die Freikirche in den Vereinigten Staaten hätte die kulturellen Praktiken der damaligen Zeit, wie getrennte Gottesdiensträume für Schwarze und Weiße und den Ausschluss von Schwarzen von Führungspositionen in bestimmten Institutionen übernommen.

Diese Praxis sei gegen alles gewesen, wofür Jesus stand, als er auf der Erde war. „Jesus widersetzte sich der sozialen Ordnung seiner Zeit“, sagte Simmons. „Er bewegte sich jenseits der durch Religiosität definierten Verhaltensparameter. Er riss vorurteilsbehaftete Mauern nieder, die die Art des Miteinanders vorschrieben und er sprach die Sünden des Rassismus in seinen vielen Formen direkt an. Die akzeptierten Normen seiner Zeit hinderten ihn nicht, seinen Dienst zu tun.“ Jesus habe bei der Begegnung mit der samaritischen Frau Barrieren überwunden und ein Beispiel gegeben, dem Christen folgen sollten.

Ein schwieriges Thema
Diskussionen über Rassismus und Vorurteile könnten schwierig sein. Viele Menschen glaubten nicht, dass sie voreingenommen sind, aber sie hielten vielleicht an Vorurteilen fest – eine Einstellung oder ein Stereotyp, dem sie unbewusst erlaubten, das Verständnis, die Handlungen oder Entscheidungen zu beeinflussen. Jeder Mensch habe diese innersten Empfindungen. Woods und Simmons verwiesen dabei auf eine Stellungnahme der Freikirche, die im September 2020 veröffentlicht wurde. Darin werden einige praktische Schritte beschrieben, um „diejenigen zu unterstützen und zu fördern, die aufgrund ihrer Hautfarbe, Kaste, ihres Stammes oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit an den Rand gedrängt und misshandelt werden.“

Simmons schloss ihre Ausführungen mit den Worten: „Wir, die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, müssen alles in unserer Macht tun, um uns und die Kirche vom Erbe der ‚biblischen‘ Bigotterie abzugrenzen; von der tief verwurzelten Geschichte des Rassismus und der Trennung, die der Welt vom Christentum und anderen Weltreligionen auferlegt wurden, um Rassisten in ihrem Bemühen zu beruhigen, Illusionen von rassischer oder ethnischer Vorherrschaft, sozialer Kontrolle und wirtschaftlichem Vorteil gegenüber anderen Menschen aufrechtzuerhalten…“

Wir tun dies „…indem wir das wahre Wort verkünden und mehr noch, indem wir das wahre Wort leben“, sagte Simmons. Unter Bezugnahme auf die kürzlich verabschiedete Erklärung der Weltkirchenleitung zu menschlichen Beziehungen erinnerte sie daran, dass „die Liebe Christi“ die Kirche zwinge, die Menschen von ihrem Standpunkt aus zu betrachten und Botschafter Jesu in dieser gespaltenen Welt mit einem „Wort der Versöhnung“ zu sein.

Zur erwähnten Erklärung der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten „Eine Menscheit“:
https://www.adventisten.de/fileadmin/adventisten.de/files/downloads/Dokumente_und_Stellungnahmen__%C3%B6ffentlich_/GK_2020-09-15_Stellungnahme_Eine_Menscheit-deutsch.pdf




Versöhnung mit den Völkern der Sowjetunion

Das Präsidium des BEFG stelle im Rückblick fest, dass die Versöhnung mit den Völkern im Westen leichter gefallen sei als die mit den Völkern im Osten, besonders mit den Menschen in der Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten. Hier wirke ein nationalistisches Überlegenheitsgefühl nach. Das rassistische Gift, Menschen und Völker als minderwertig zu betrachten, zeige bis heute Wirkung.

Überfall auf die Sowjetunion begrüßt, zum Massenmord geschwiegen

Baptisten und Brüder hätten damals den Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion begrüßt und zur massenhaften Ermordung von Juden, Russen, Ukrainern, Polen und Angehörigen vieler anderer Nationen geschwiegen. „Etwa 20 Millionen Sowjetbürger starben durch Waffengewalt oder verhungerten durch den Entzug von Lebensmitteln durch die Deutschen.“

In der Zeit der Teilung Deutschlands und angesichts politscher Verfolgung der Christen in der Sowjetunion sei das Thema einer Versöhnung mit den Völkern der Sowjetunion nur zaghaft angegangen worden. Nach der politischen Wende und der nuklearen Katastrophe von Tschernobyl hätten viele Gemeinden und Einzelne im BEFG beeindruckende Hilfsprojekte entwickelt, „die zur Heilung der Erinnerung beigetragen haben“.

Kritisch wird in der Erklärung vermerkt, dass der BEFG in Deutschland es versäumt habe, „deutlicher für eine Versöhnung mit den Völkern der Sowjetunion einzutreten“. Seit einigen Jahren versuche der BEFG, sich hier stärker zu engagieren. „Wir bedauern, dass wir dem andauernden Rassismus, Nationalismus wie dem Antisemitismus nicht stärker widerstanden haben. Heute sind wir aufgerufen, aktiv für Versöhnung unter den Menschen einzutreten, die unter Fremdenfeindlichkeit und Hass leiden.“ Das gelte für alle Völker und Nationen. Deshalb wolle der BEFG für Frieden und Gerechtigkeit für alle Menschen eintreten, offen nach Außen getragenen Hass widerstehen und ihm in unserer Gesellschaft keinen Raum geben.

Der Text der Erklärung kann im Internet heruntergeladen werden: https://www.baptisten.de/fileadmin/bgs/media/dokumente/Versohnung-mit-den-Volkern-der-Sowjetunion.pdf.

BEFG
Der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden ist ein Zusammenschluss von Baptisten- und Brüdergemeinden. Zu ihm gehören in Deutschland über 81.000 Mitglieder in 801 Ortsgemeinden. Weitere Informationen unter www.baptisten.de.