Johann Hanselmann

Friedensau bei Magdeburg | APD

Friedensau bei Magdeburg, 11.06.2012/APD Johann Hanselmann, geboren am 1. Mai 1892 in Frankenberg bei Backnang, ermordet am 13. Mai 1942 in Sachsenhausen war Pastor und Vorsteher der Ostdeutschen Vereinigung der Reformationsbewegung der Siebenten-Tags-Adventisten. Am 29. April 1936 verbot die Gestapo die Glaubensgemeinschaft mit der Begründung: "Die Siebenten-Tags-Adventisten (Reformbewegung) verfolgt unter dem Deckmantel der religiösen Betätigung Ziele, die der Weltanschauung des Nationalsozialismus zuwiderlaufen. Die Anhänger dieser Sekte verweigern den Wehrdienst und lehnen es ab, den Deutschen Gruß anzuwenden. Sie erklären offen, dass sie kein Vaterland kennen, sondern international eingestellt seien und alle Menschen als Brüder betrachten. Da das Verhalten dieser Sekte geeignet ist, Verwirrung unter der Bevölkerung zu erregen, war ihre Auflösung zum Schutz von Volk und Staat erforderlich.“

Bereits wenige Monate später erfolgte im September 1936 die Verhaftung von Hanselmann. Obwohl der zuständige Oberstaatsanwalt am 29. September 1936 die Einstellung des angestrengten Verfahrens verfügte, wurde der Beschuldigte im Dresdner Polizeigefängnis weiter in Schutzhaft gehalten. Die Gestapo begründete dies mit einer "erforderlichen massiven Aktion gegen die Leiter der verbotenen Gruppe". Am 2. Oktober 1937 wurde Hanselmann aus der Haft entlassen.

Hanselmann hatte eine Anstellung als Handelsvertreter gefunden und konnte damit deutschlandweit reisen. Dabei besuchte er weiterhin seine Glaubensangehörigen an verschiedenen Orten. Im Frühjahr 1940 verhaftete ihn die Gestapo in Halle/Saale wegen der Abhaltung von Familiengottesdiensten. Mit ihm kamen 20 weitere Reform-Adventisten in Untersuchungshaft. Es wurde angeordnet, dass Hanselmann in Einzelhaft und "unter allen Umständen von den Mitangeklagten getrennt zu halten" sei. Bei den Verhören der inhaftierten Reform-Adventisten versuchte die Gestapo, Informationen und Geständnisse über die Weiterführung der "verbotenen Organisation" zu erpressen.

Hanselmann wurde zu einer Strafe von einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. In der Begründung vermerkte das Gericht: "Die von Hanselmann ausgehende Gefahr ist besonders beachtlich in Zeiten wie den jetzigen, wo das deutsche Volk in hartem Abwehrkampf gegen äußere Feinde steht und wo deshalb Wehrdienstverweigerungen, wenn sie in größerem Maße vorkämen, besonders verhängnisvolle Folgen haben könnten. Das gleiche gilt auch für die Arbeitsverweigerung an Sonnabenden, da es jetzt im Kriege auf die volle Einsetzung jeder Arbeitskraft ankommt."

Im September 1941 stellte Hanselmann ein Gnadengesuch, da seine Haftzeit ohnehin zum 24. Dezember 1941 enden sollte. Der Leiter der Haftanstalt Naumburg lehnte das Gesuch ab. Er war der Meinung, der Haftzweck sei noch nicht erreicht, da Hanselmann zweimal wegen Arbeitsverweigerungen an Samstagen mit Arrest bestraft werden musste. Hanselmanns Frau erhielt im Dezember 1941 einen Brief von ihrem Mann mit der Nachricht: "Nun kommt auch noch das Ärgste. Ich werde in das Konzentrationslager Sachsenhausen überführt."

Als Hanselmann trotz Entlassungstermin nicht zu Hause erschien, baten seine Ehefrau und der zuständige Ortsbürgermeister die Justiz um Aufklärung. Der dienstliche Bescheid auf die Anfrage gab nur Auskunft, dass weiter Schutzhaft angeordnet sei. Einige Monate später erhielt Karoline Hanselmann den Totenschein ihres Mannes – er sei "an Ruhr" in Sachsenhausen verstorben. Ein Mithäftling berichtete später, dass wegen Arbeitsverweigerung am Samstag Johann Hanselmann an dem von ihm gefeierten biblischen Ruhetag (Sabbat) mit auf den Rücken gebundenen Händen hochgezogen worden und dabei erstickt sei.

Dr. Johannes Hartlapp

(Hinweis der Redaktion: Der Kirchenhistoriker Dr. Johannes Hartlapp ist Dekan des Fachbereichs Theologie an der Theologischen Hochschule der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Friedensau bei Magdeburg.)

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