Australien: Kein religiöses, aber ein christlich geprägtes Land

Canberra/Australien | APD

Canberra/Australien, 16.07.2008/APD Australien als Schauplatz des diesjährigen katholischen Weltjugendtages ist zwar kein ausgesprochen religiöses, aber ein christlich geprägtes Land. Knapp 65 Prozent der 21,3 Millionen Einwohner sind Christen. Mit genauen Zahlen hapert es wie überall in der Welt, wo man nicht wie in Mitteleuropa auf amtlichen Dokumenten sein Religionsbekenntnis angeben muss.

Die britische Präsenz in Australien begann im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts; daher war das Land zunächst protestantisch geprägt. Anglikaner, Methodisten, Presbyterianer waren tonangebend. Im 20. Jahrhundert trat durch die Zuwanderung aus Irland, Italien, Malta, Polen und Vietnam die römisch-katholische Kirche in den Vordergrund. Derzeit sind etwa 26 Prozent der Bevölkerung römisch-katholisch, 18 Prozent anglikanisch und weitere 21 Prozent gehören anderen christlichen Kirchen, Freikirchen und Gemeinschaften an. Auch die orthodoxen Kirchen sind durch die Zuwanderung aus Osteuropa und dem Orient jetzt stärker präsent.

Zum Buddhismus bekennen sich zwei Prozent der Bevölkerung, zum Islam 1,7 Prozent, zur traditionellen australischen Aborigines-Religionen 0,3 Prozent. Der Glaube der Aborigines, der Ureinwohner Australiens, basiert vor allem auf der Verehrung der Natur und dem Einfluss der Ahnen und Träume. Die meisten der rund 500.000 Aborigines sind heute Christen. Hinzu kommen rund 150.000 Hindu und knapp 90.000 Juden, die jedoch jeweils weniger als ein Prozent der Bevölkerung stellen.

Nach der kürzlich im "Religionsmonitor" der Bertelsmann Stiftung veröffentlichten repräsentativen Erhebung sind 28 Prozent der Australier eindeutig nichtreligiös. In ihrem Leben spielten religiöse Inhalte und Bezüge praktisch keine Rolle. 44 Prozent seien zwar religiös, aber die Religion spiele dabei eine untergeordnete Rolle. Lediglich 25 Prozent der Australier könnten danach als hochreligiöse Menschen bezeichnet werden. 48 Prozent der Befragten hätten dagegen keinen Bezug zum persönlichen Gebet, 52 Prozent gingen praktisch nie aus religiösen Gründen in eine Kirche, Moschee, Synagoge oder Tempel. 31 Prozent glaubten nicht an Gott, an etwas Göttliches in ihrem Leben oder ein Leben nach dem Tode. Und unter allen abgefragten Lebensbereichen gelte für fast 50 Prozent der Australier die Religion als unwichtigster Lebensbereich.

Im internationalen Vergleich rangiert Australien damit in punkto Religiosität am unteren Ende der Skala, im Gegensatz etwa zum Einwanderungsland USA, wo über 60 Prozent Hochreligiöse und lediglich elf Prozent Nichtreligiöse registriert wurden.

Nach jüngsten Umfragen bezeichneten sich 64 Prozent der Australier selbst als Christen, allerdings auch 31 Prozent als nichtreligiös oder machten darüber keine Angaben. Mit über fünf Millionen Mitglieder oder 25 Prozent seien die Katholiken als Anhänger des Papstes zwar die größte der australischen Glaubensrichtungen und christlichen Konfessionen. Zu den Religiösesten könnten sie jedoch nicht gezählt werden. Zur stark religiösen Gruppe würden die Protestanten gezählt, die hauptsächlich in Freikirchen und charismatisch-pfingstlerischen Gemeinden zu finden seien. Nach den neuen Erhebungen des Religionsmonitors seien 50 Prozent von ihnen eindeutig hochreligiös und 38 Prozent religiös. Lediglich elf Prozent gehörten formal diesen Gemeinschaften an, seien aber faktisch nicht religiös. Dem gegenüber stehen die Angehörigen der Anglikanischen Kirche, unter denen 30 Prozent als hochreligiös, fast jeder fünfte aber als nicht religiös befunden wurde. Die Katholiken nehmen mit 37 Prozent Hochreligiösen, 52 Prozent Religiösen und zehn Prozent Nichtreligiösen eine mittlere Position ein.

Im traditionell säkularen Australien hat die Bedeutung der christlichen Kirchen in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, was nicht allen behagt. Repräsentiert werde dieser Wandel unter anderem von der politischen Spitze. Dass nach dem konservativen Regierungschef John Howard nun auch dessen Labor-Nachfolger Kevin Rudd in politischen Fragen mit der Bibel argumentiert, habe nach den Worten des Politikprofessors und Publizisten Robert Manne "ein neues Kapitel in der Geschichte Australiens" eröffnet.
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