Ägypten: Not verbindet – Muslime und Christen werden Freunde

Kairo/Ägypten | APD

Kairo/Ägypten, 09.02.2011/APD "Mit den neuen Freundschaften zu den muslimischen und christlichen Nachbarn fühle ich mich jetzt sicherer als vor den Unruhen“, teilte Pastor Llewellyn Edwards, Präsident der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Ägypten, mit. Er besuche jeden Abend die Bürgerwehr in Heliopolis, seinem Wohnbezirk in Kairo, und diskutiere mit den Anwesenden. Um ihm zu zeigen, dass er sicher sei, hebe manchmal ein Freiwilliger seine Jacke, damit er den Revolver am Gurt sehen könne. "Die Unruhen haben uns wie nie zuvor gegenseitig näher gebracht. Ich kenne jetzt viel mehr Leute als früher und wir winken uns zu, wenn wir uns am nächsten Tag sehen“, betonte Edwards.

"Mich beschäftigt fortwährend der Gedanke, wie wichtig es für adventistische Gemeinden ist, mit ihren nicht-adventistischen Nachbarn Freundschaft zu pflegen, indem die Adventisten sich für sie interessieren“, unterstrich Edwards. "Denn in Zeiten der Unruhe können diese Freundschaften zu einem großen Segen werden.“

Weil bei Ausbruch der Unruhen die Eltern ihre Kinder bei sich zu Hause haben wollten, seien sowohl die Nile Union Academy, ein Internat mit 130 Bewohnern, und die Zeitoun Adventist School, eine Grundschule mit 800 Schülerinnen und Schülern, geschlossen worden. Er plane aber die Wiedereröffnung der beiden Institutionen in Kairo für den 14. Februar, sofern es die Umstände zuließen, kündigte der Präsident an.

Rund 30, mehrheitlich sudanesische Schüler, wären auf dem Gelände der Nile Union Academy geblieben. "Sie betrachten die Mittelschule als ihr Zuhause“, erklärte Edwards. Er sei überzeugt, dass der 24-stündige Bewachungsdienst, den sie leisteten, großen Schaden an den Einrichtungen verhindert habe. "Viele dieser Schüler kommen aus Bürgerkriegsgebieten und sind deshalb unglaublich ruhig geblieben“, so der Kirchenleiter. Die Schulbäckerei funktioniere weiterhin und versorge sie mit Brot.

In Assuit, Oberägypten, seien Einbrecher in eine adventistische Kirche eingedrungen. "Die Armee hat aber die Plünderer sofort verhaftet, sodass kein Schaden entstand.“

Von den rund 700 adventistischen Kirchenmitgliedern in Ägypten, die sich in 13 Gemeinden versammeln, sei seines Wissens niemand verletzt worden. Die Gottesdienste würden jeden Samstag (Sabbat) ohne Unterbrechung gefeiert, unterstrich der Kirchenleiter. Als er in einem Gottesdienst mitgeteilt habe, wie viele E-Mails und Telefonate er erhalten habe, in denen Kirchenmitglieder aus der ganzen Welt ihre Solidarität mitgeteilt hätten und dass sie für die Adventisten und die Situation in Ägypten beteten, hätten die Gemeindemitglieder mit freudigem Klatschen reagiert.

Laut Edwards habe er davon abgesehen, mit seiner Familie außer Landes zu gehen. Keiner seiner britischen Freunde, die für die Anglikanische Kirche in Kairo arbeiteten, hätten sich evakuierten lassen. Sie hätten ihm diesbezüglich einen Gedankenanstoß gegeben: Es gehe hierbei nicht nur um Sicherheitsfragen, sondern auch darum, was das Beste für die Verkündigung des Evangeliums in Ägypten sei.

Die Aussage eines adventistischen Pastors hätte ihn in seiner Haltung bestärkt. Der Ägypter habe ihn verwundert am Telefon gefragt, wieso er noch nicht ausgereist sei. Als Edwards ihm antwortete, dass er dazu im Moment keine Veranlassung sehe, habe sein Kollege gesagt: “Danke, das ist sehr ermutigend. Denn es scheint so, dass immer wenn es Unruhen gibt, die Ausländer verreisen und uns Einheimische unserem Schicksal überlassen.“

___________________________________________________________________________

Der Text kann kostenlos genutzt werden. Veröffentlichung nur mit eindeutiger Quellenangabe "APD“ gestattet!