20 Jahre Norddeutscher Verband der Adventisten

Hannover | APD

Hannover, 02.05.2012/APD Vor 20 Jahren vereinigten sich die west- und die ostdeutsche Freikirchenleitung der Siebenten-Tags-Adventisten zum Norddeutschen Verband, der die Adventisten in den neuen Bundesländern sowie in Berlin, Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Bremen und Nordrhein-Westfalen umfasst. Die Delegierten des West- und Ostdeutschen Verbandes beschlossen am 23. April 1992 in Darmstadt mit der erforderlichen Dreiviertelmehrheit die Bildung des Norddeutschen Verbandes. Der Osten brachte in den neuen Verband 8.392 Mitglieder mit 250 Gemeinden, der Westen 12.003 Mitglieder mit 167 Gemeinden ein.

Es gab auch Überlegungen, dass sich die süddeutschen Adventisten anschließen, um eine einzige Freikirchenleitung in Deutschland zu bilden. Doch bei der Delegiertentagung des Süddeutschen Verbandes im Juni 1997 in Stuttgart fand ein derartiger Antrag nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten der regionalen Freikirchenleitungen in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland. 1997 gehörten zum Süddeutschen Verband 14.391 Mitglieder mit 209 Gemeinden.

Wie Pastor i. R. Walfried Eberhardt, damals Sekretär (Geschäftsführer) des Ostdeutschen und dann auch des Norddeutschen Verbandes, berichtete, habe es über 40 Jahre lang in Deutschland zwei völlig unterschiedliche staatliche Systeme gegeben. "Das betraf fast alle Gebiete des menschlichen Lebens und Zusammenlebens." Durch die deutsche Einheit sei kein neues Deutschland geschaffen worden, sondern der Osten haben sich völlig nach dem Westen richten müssen. "Da beide Systeme nicht zusammenpassten, gab es immer wieder Situationen, die den Verantwortungsträgern der Freikirche große Probleme bereiteten." Teilweise seien die Schwierigkeiten durch Übergangsphasen entschärft worden. "Dadurch musste man aber wissen, was bisher gegolten hatte, was im Augenblick gilt und was zukünftig gelten wird. Das betraf fast alle Gebiete", so Eberhardt.

Die Adventisten Ostdeutschlands hätten nur relativ wenig Geld in den neuen Norddeutschen Verband einbringen können. Dafür habe es verschiedene Gründe gegeben: "Bei der Aufnahme der neuen Bundesländer in das Finanzgefüge der Deutschen Mark (DM) mussten von unserer Freikirche ohne Ausnahme alle Gelder im Verhältnis 2:1 getauscht werden", informierte der frühere Sekretär. Das Verhältnis der Nettolöhne zwischen West und Ost habe bei fast 2:1 gelegen. Daher seien die Spenden der ostdeutschen Adventisten entsprechend geringer gewesen. "Für die Angleichung der Gehälter und die Nachversicherung der Renten ehemaliger Mitarbeiter mussten siebenstellige Summen den Reserven entnommen werden." Auch der Verlust von Mitgliedern durch Umzug in den Westen habe die Finanzkraft zusätzlich verringert.

Durch die jahrelange Abwanderung von Ost nach West sei die Zahl der Adventisten im Ostdeutschen Verband zurückgegangen, doch "die Pastoren blieben im Land", stellte Walfried Eberhard fest. Dadurch habe sich das Verhältnis der Anzahl an Pastoren zu den Gemeindegliedern vehement verschoben. In der alten Bundesrepublik sei die Entwicklung umgekehrt gewesen. Durch die staatlichen Angebote des Altersübergangsgeldes und des Vorruhestandes hätten in mehreren Phasen über 40 Pastoren in Ostdeutschland in den vorgezogenen Ruhestand gehen können, "was allerdings bei den Betroffenen nicht nur Freude auslöste." Die reine Ersparnis durch Inanspruchnahme dieser Übergangsregelung habe für die Freikirche etwa sieben Millionen DM betragen.

In den ersten zehn Jahren nach der Bildung des Norddeutschen Verbandes seien in Ostdeutschland 21 Gemeindezentren und im Norden der alten Bundesländer lediglich fünf Kirchen gebaut worden, erinnerte sich Eberhardt. Die Finanzierung sei durch Verkauf von Immobilien, Eigenleistungen der Gemeindemitglieder, Eigenfinanzierung der Gemeinden, finanzielle Hilfen der europäischen Freikirchenleitung und des Süddeutschen Verbandes sowie durch Spenden westdeutscher Adventisten erfolgt. Einige westdeutsche Gemeinden hätten zugunsten der Neubauten im Osten ihre teilweise schon beschlossenen Baumaßnahmen verschoben.

Da in der früheren DDR kirchliche Veranstaltungen nur in eigenen Räumlichkeiten hätten stattfinden können, habe es im Ostdeutschen Verband mehrere Erholungs- und Rüstzeitheime gegeben. Außerdem seien in einer Reihe von Gemeindezentren, meist im Dachgeschoss oder Kellerbereich, Räumlichkeiten für Bibelwochen, Wochenenden für Kinder und Jugendliche sowie Seminare für ehrenamtliche Mitarbeiter geschaffen worden. Nach der Wende habe sich der Bedarf sehr stark verringert. "Als problematisch stellte sich heraus, bei den Heimen gute Lösungen zu finden", betonte Eberhardt. In ihnen sei das Glaubensleben vieler Adventisten zu DDR-Zeiten maßgeblich geprägt worden. "Daher war es nicht möglich, den Verkauf dieser Häuser zu empfehlen. Für viele wäre das ein zu großer Verlust ihrer geistlichen Heimat gewesen."

Es seien laut Eberhardt folgende Lösungen für die Heime gefunden worden: Der "Waldpark" bei Chemnitz, die "Wachtelburg" bei Berlin und das Heim in Unterhain (Thüringer Wald) wurden von adventistischen Vereinen übernommen. Der "Sonnenhof" bei Dresden wird von einem Freundeskreis betreut. Das Gästehaus in Friedensau bei Magdeburg übernahm die adventistische Theologische Hochschule. Die Heime in Frauenwald (am Rennsteig/Thüringen) und in Plau (Mecklenburg) wurden verkauft.

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