Weitere Schweizer Kirchen unterzeichnen gegenseitige Taufanerkennung

Riva San Vitale, Tessin/Schweiz | APD

Riva San Vitale, Tessin/Schweiz, 27.05.2014/APD Bereits 1973 haben der Vorstand des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes, zu dem auch die Evangelisch-methodistische Kirche gehört, die römisch-katholische Schweizer Bischofskonferenz und der Bischof der Christkatholischen Kirche in der Schweiz gegenseitig die Taufe anerkannt. Im Baptisterium (Taufkapelle) von Riva San Vitale/Tessin, dem ältesten christlichen Bauwerk der Schweiz (5. Jh.), unterzeichneten am 21. April 2014 sieben Kirchen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der Schweiz (AGCK) bei einer festlichen Vesper ein Dokument mit der gegenseitigen Taufanerkennung.

Zur feierlichen Unterzeichnung sagte die Präsidentin der AGCK Schweiz, Pfarrerin Rita Famos: "Damit drücken die Kirchen aus, dass sie zu einer Gemeinschaft in der einen Kirche Gottes verbunden sind. Dies ist ein starkes Bekenntnis zur Einheit der Kirche und ein deutliches Zeichen an die Welt, dass sie das Evangelium gemeinsam in Wort und Tat verkündigen wollen."

Taufverständnis
Die unterzeichnenden Kirchen teilten ein gemeinsames Verständnis der Taufe, heißt es in der AGCK-Medienmitteilung. Darum verpflichteten sie sich, Menschen, die in einer Kirche getauft worden seien, beim Übertritt in eine andere nicht erneut zu taufen. In der Erklärung der Kirchen wird mit Bezug auf den Epheserbrief 4,3-6 "die Taufe als wesentliches Zeichen und Band der in Gott gründenden Einheit und Gemeinschaft der Kirche herausgestellt", schreibt Professor Urs von Arx in der Osterausgabe 2014 der Schweizer Kirchenzeitung. Diese Gemeinschaft werde aber wegen der "bestehenden Differenzen und hingenommenen Trennungen noch unvollkommen bezeugt und gelebt".

Das in der Erklärung kurz gefasste theologischen Grundverständnis der Taufe lautet: "Durch die Taufe werden Menschen mit Jesus Christus, dem Sohn Gottes und Offenbarer seiner Liebe, so verbunden, dass sie in einer neuen Wirklichkeit leben. In der vom Geist Gottes gewirkten Neugeburt ist die Gottesferne der Sünder überwunden: Durch diese Gnade zu Söhnen und Töchtern Gottes geworden, sind die Getauften aufgerufen, die erfahrene Versöhnung allen Menschen zu bezeugen und weiterzugeben (vgl. 2Kor 5,17-19). Aufgrund der Teilhabe am Mysterium von Jesu Tod und Auferstehung werden sie eingegliedert in die Kirche, die Gemeinschaft des Leibes Christi, in der die Getauften aller Zeiten und Orte vereint sind."

Taufvollzug
Diesem gemeinsamen Grundverständnis der Taufe werden in der Erklärung "deutliche Unterschiede" in der Taufpraxis gegenübergestellt: "Vollzogen wird die Taufe nach dem Auftrag Jesu im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes (Mt 28, 19-20) zusammen mit der Zeichenhandlung des Untertauchens bzw. des Übergießens mit Wasser. Sie ist im Leben eines Menschen einmalig und unwiederholbar. Dieses Grundverständnis der Taufe teilen wir gemeinsam, ungeachtet von deutlichen Unterschieden in der Taufpraxis." Die Unterschiede lägen unter anderem darin, dass in einigen Kirchen "nur Menschen, die für sich selbst ein Bekenntnis ablegen, getauft werden, in anderen auch kleine Kinder, für welche Eltern und Paten dies stellvertretend tun".

Unterzeichnende Kirchen
Das Dokument haben für ihre Kirchen unterzeichnet: Bischof Dr. Charles Morerod Schweizer Bischofskonferenz; Pfarrer Dr. Gottfried Wilhelm Locher, Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischer Kirchenbunds; Bischof Dr. Harald Rein, Christkatholische Kirche der Schweiz; Elisabeth Benn, Präsidentin des Bunds der Evangelisch-lutherischen Kirche in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein; The Ven. Canon Peter M. Potter, Archdeacon der Church of England Archdeaconry of Switzerland; Bischof Dr. Patrick Streiff, Evangelisch-methodistische Kirche in der Schweiz.

Unterstützung, aber keine Unterschrift von Baptisten, Heilsarmee und Orthodoxen
In einer Stellungnahme zur Erklärung begründen die Heilsarmee und der Bund der Baptisten, weshalb sie das Dokument nicht signieren können. Die Heilsarmee unterzeichne die "Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung der Taufe" nicht, da sie dieses Ritual nicht anwende. Die Heilsarmee "ist aber weiterhin bestrebt, im ökumenischen Miteinander an der sichtbaren Einheit der Kirche Jesu Christi weiterzuarbeiten. Der gemeinsame Glaube an Jesus Christus vereint uns und verbindet uns über das unterschiedliche Verständnis der Taufe hinaus."

Als kongregationalistische Bewegung seien die Baptisten keine hierarchisch verfasste Kirche und hätten weder ein Lehramt noch für die Gesamtkirche bindende Dokumente. "Baptisten können der Erklärung insoweit zustimmen, als sie sich auf die Taufe der Umkehr und des Glaubens bezieht. Ein sakramentales Verständnis der Taufe, die an unmündigen Kindern vollzogen wird, können sie nicht mit ihrem Verständnis der Taufe im Neuen Testament in Einklang bringen. Ihm fehlen Umkehr, Glaube und Freiheit der Verantwortung als konstitutive Elemente", heißt es in der Stellungnahme des Bundes Schweizer Baptistengemeinden, die in der Erklärung publiziert wurde. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt könnten die Baptisten diese Erklärung nicht unterschreiben, seien aber "im ökumenischen Miteinander bestrebt, an der sichtbaren Einheit der Kirche Jesu Christi weiterzuarbeiten".

Die orthodoxen Kirchen in der Schweiz seien laut AGCK-CH an der Erarbeitung der Erklärung beteiligt gewesen. Sie könnten diese zurzeit aus Rücksicht auf ihre Mutterkirchen aber nicht unterzeichnen. Ihre Situation als "Kirchen in der Diaspora" erschwere eine gemeinsame Entscheidung. Die orthodoxen Kirchen der Schweiz würden aber in der Praxis die Taufe der unterzeichnenden Kirchen anerkennen.

Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten ist Gastmitglied der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der Schweiz und teilt das Taufverständnis der Baptisten. Die Adventisten sind im 19. Jahrhundert durch die Siebenten-Tags-Baptisten mit dem baptistischen Taufverständnis und auch mit dem Samstag (Sabbat) als biblischem Ruhetag konfrontiert worden. Nachdem sie sich davon überzeugten, dass beides dem neutestamentlichen Vorbild entspricht, übernahmen sie die Taufe Glaubender und den Sabbat.

Das Baptisterium in Riva San Vitale
Das Baptisterium ist das älteste christliche Bauwerk der Schweiz. Es stammt aus dem 5. Jahrhundert und ist Johannes dem Täufer geweiht. Der Innenraum ist ein Oktogon (Achteck) mit mittelalterlicher Malerei. Sie zeigt Szenen aus dem Leben Jesu.

In der Mitte des Baus befinden sich die beiden Taufbecken. Sie sind übereinander angeordnet: Das erste, achteckige Becken ist in den Boden eingelassen und konnte über zwei Tritte erreicht werden. Dieses Becken wurde für die Erwachsenen zum Untertauchen benutzt. Das zweite, runde Taufbecken, mit 1,9 Meter Durchmesser, wurde auch zum Eintauchen verwendet. Es wurde auf das erste Taufbecken gesetzt, stammt aus der Zeit um 1200 und besteht aus einem Monolithen des Serizzo-Steins. Der dritte, ein Marmortaufstein, in einer Nische neben dem nördlichen Eingang, sei laut Wikipedia verwendet worden, "nachdem die Taufe nicht mehr durch Eintauchen, sondern durch Besprengung vorgenommen wurde".

Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der Schweiz AGCK habe dieses Baptisterium bewusst zur Unterzeichnung der gegenseitigen Taufanerkennung ausgewählt, heißt es in der Medienmitteilung. Die verschiedenen Taufbecken aus unterschiedlichen Epochen der Kirchengeschichte bezeugten die Entwicklung der Taufpraktiken während der Jahrhunderte, wie sie sich auch in den Mitgliedkirchen der AGCK niedergeschlagen hätten.

Zur Unterzeichnung ist eine Broschüre in Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch erschienen: "Die gegenseitige Anerkennung der Taufe – Erklärung von Riva San Vitale 2014". Sie kann beim AGCK-Sekretariat bestellt werden: info@agck.ch
_____________________________________________________________________________
Der Text kann kostenlos genutzt werden. Veröffentlichung nur mit eindeutiger Quellenangabe "APD" gestattet!