"Jesus for President!?" – Christ und Politik

Friedensau bei Magdeburg | APD

Bundestagsabgeordneter Frank Heinrich bei adventistischem Studententreffen

Friedensau bei Magdeburg, 06.05.2014/APD Unter dem Motto "Jesus for President!? – wenn Christen sich politisch und sozial engagieren" fand vom 30. April bis 4. Mai auf dem Campus der adventistischen Theologischen Hochschule Friedensau bei Magdeburg das Studenten-Bundestreffen der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten statt. Es wurde von Ruben Grieco und Bert Seefeld, den Jugendabteilungsleitern der Freikirche in Deutschland, organisiert.

Frank Heinrich (CDU), Mitglied des Deutschen Bundestages, gab den rund 50 Teilnehmenden Einblick in seinen persönlichen und beruflichen Werdegang, in die Arbeitsweise der beiden Ausschüsse "Menschenrechte und humanitäre Hilfe" sowie "Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung", in denen er mitarbeitet. Der ausgebildete Sozialpädagoge und Theologe erläuterte den Unterschied zwischen Fraktionsdisziplin und Fraktionszwang und wie er als aktiver Christ mit Vorlagen umgehe, die er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren könne oder bei denen er anderer Auffassung sei.

"Die Stärke der Christen liegt im Umgang mit ihrer Schwäche", sagte Heinrich, ehemaliger Heilsarmeeoffizier. Vergebung sei ein wichtiger Wert, nicht nur privat, sondern auch in der Politik. Man könne dadurch konstruktiv mit Verletzungen umgehen, sei selbst weniger belastet und trage anderen Personen nichts nach. Als Politiker und Christ gehe es darum, die eigenen Werte, wie Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit, Nachhaltigkeit, Solidarität ins Leben zu übersetzen und für sich eine Werterangordnung zu bilden. Als der Parlamentarier über die inhaltlichen, strukturellen und zeitlichen Herausforderungen eines Abgeordneten sprach, bat er die Anwesenden, für ihn und andere Politiker zu beten. In den Rückmeldungen der Jugendlichen kam Ernüchterung über den "Traumjob" Politiker zum Ausdruck.

Frank Heinrich machte den Jugendlichen Mut, in ihrer lokalen Umgebung soziale Projekte zu beginnen oder sich in bestehenden zu engagieren. Dabei zeigte er auch mögliche Vorgehensweisen zur Realisierung auf. Der Parlamentarier stellte beispielhaft das Projekt "Gemeinsam gegen Menschenhandel" vor, dessen 1. Vorsitzender er ist (http://www.gemeinsam-gegen-menschenhandel.de/).

"Es gibt weder DIE christliche Politik noch DIE christliche Partei", betonte Herbert Bodenmann, zuständig für Außenbeziehungen und Religionsfreiheit der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in der Schweiz. Mit Bezug auf das Tagungsthema "Jesus for President!?" hob er hervor, dass ein christlicher Staat aus adventistischer Sicht kein erstrebenswertes Ziel sei, da christliche Forderungen und Verhaltensweisen nicht per Gesetz diktiert werden könnten, sondern das Ergebnis einer freiwillligen Entscheidung und individueller Lebensführung sein sollten. Er stellte den Jugendlichen das Vorbild der Menschwerdung Jesu als Lebensmodell vor, der sich unterschieds- und selbstlos mit Armen und Reichen beschäftigt habe. Das Graffiti in einer Bahnhofsunterführung "Mach's wie Gott, werde Mensch", drücke dies treffend aus. Christus habe durch seine bedingungslose Liebe zu überzeugen versucht, aber niemanden zu seinem Glück gezwungen. Deshalb könnten es sich auch seine Nachfolger leisten, den Staat nicht zur Durchsetzung ihrer Ziele einzuspannen. Adventisten seien aus Überzeugung entschiedene Vertreter der Trennung von Kirche und Staat.

Adventistische Christen forderten die Religions- und Weltanschauungsfreiheit für alle Menschen, nicht nur für sich selbst, so Bodenmann. Das gebe jedem Individuum die Möglichkeit, sein Leben in Freiheit und Selbstverantwortung zu gestalten. Durch Einblicke in die Geschichte der Freikirche sowie in seine Arbeit zeigte er auf, wie wichtig es für eine Kirche sei, mit Behörden, der Gesellschaft und anderen Kirchen ständig Kontakte zu unterhalten, transparent zu sein und sich nicht zu isolieren, sondern sich konstruktiv in der Gesellschaft zu engagieren.

Tobias Koch, Rechtsanwalt und Dozent für Sozialrecht an der Theologischen Hochschule Friedensau, erläuterte den Studenten und Studentinnen das Vorgehen, wenn an ihrer Universität Prüfungen an einem Samstag festgesetzt würden. Adventisten feiern im Gegensatz zu den meisten christlichen Kirchen den Samstag (Sabbat) als biblischen Ruhetag. Viele adventistische Studenten könnten deshalb aus Gewissengründen an diesem Tag keine Prüfungen schreiben. Koch wies darauf hin, dass nach der Bekanntgabe eines Prüfungstermins an einem Samstag sofort interveniert werden müsste, da die Universität genügend Zeit brauche, um eine terminliche Alternative anzubieten. Er sagte den Studenten fachlichen Beistand und die Unterstützung der Freikirche bei rechtlichen Schritten zu, wenn sie nicht selbst eine Lösung in Gesprächen mit Universitätsvertretern fänden. Der Rechtsanwalt stellte auch ein Merkblatt in Aussicht, das auf dem Internet zugänglich sein solle, um über die Vorgehensweise bei Prüfungsterminen am Samstag zu informieren.

Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland, mit 34.901 erwachsen getauften Mitgliedern, betreut über 2.000 Kinder im Kindergottesdienst sowie durch die Adventjugend fast 8.000 Pfadfinder, Teenager und Jugendliche. Sie ist in jedem Bundesland eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und hat sieben regionale Kirchenleitungen (Vereinigungen), die zum Nord- und Süddeutschen Verband als überregionale Zusammenschlüsse gehören. Sie unterhält unter anderem die Berliner Krankenhäuser "Waldfriede" und "Nikolassee" , die Theologische Hochschule Friedensau bei Magdeburg, das Schulzentrum Marienhöhe, Darmstadt, mit Gymnasium, Real- und Grundschule sowie sieben weitere Grund- beziehungsweise Realschulen, fünf Kindergärten und eine Heilpädagogische Tagesstätte für Vorschulkinder in Neuburg/Donau.
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