„Spott über Gott“ - Religionskritik im Spannungsfeld von Pressefreiheit und Terrorgefahr

Die Pressefreiheit und ihre Bedrohung durch religiös motivierte Gewalttaten waren Thema einer Podiumsdiskussion „Spott über Gott“. Dazu hatten die Friedrich-Naumann-Stiftung, Reporter ohne Grenzen und die Tageszeitung „Die Welt“ am 14. April Journalisten und Religionsvertreter eingeladen.

Berlin | APD

Die Pressefreiheit und ihre Bedrohung durch religiös motivierte Gewalttaten waren Thema einer Podiumsdiskussion „Spott über Gott“. Dazu hatten die Friedrich-Naumann-Stiftung, Reporter ohne Grenzen und die Tageszeitung „Die Welt“ am 14. April Journalisten und Religionsvertreter eingeladen.

Nach den Worten von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, ehemalige Bundesjustizministerin und Vorstandsmitglied der Friedrich-Naumann-Stiftung, sei nach dem Anschlag auf die Redaktion der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ die Angst ein Zensor. Dies stelle eine fundamentale Gefahr für die Pressefreiheit dar. Zu den universalen Menschenrechten gehöre das Recht der Presse, kritisch zu hinterfragen. Dies schließe auch den Spott ein. Kritische Fragen würden dort als gefährlich empfunden werden, wo ein absoluter Wahrheitsanspruch vertreten werde. Dabei richte sich die Kritik häufig nicht gegen Gott, sondern in Wirklichkeit gegen religiös begründete Herrschaftsansprüche und bestehende soziale Ordnungen, so Leutheusser-Schnarrenberger.

Der Vorstandssprecher von Reporter ohne Grenzen, Michael Rediske, warnte davor, die Pressefreiheit einzuschränken, um religiöse Gefühle zu schützen. Derzeit gebe es eine Koalition von Staaten, die Gotteslästerung zu einem international anerkannten Straftatbestand erheben und damit „die Informationsfreiheit auf dem Altar der Religionsfreiheit opfern“ wöllten. Dass dies mit der Forderung nach dem Respekt vor Religion begründet werde, hielt Rediske für ein Scheinargument. Denn in der Regel werde nicht Respekt für eine andere Religion eingefordert, sondern nur für die eigene. Rediske wünsche sich beispielsweise auch Respekt für den Blogger Raif Badaw, der in Saudi-Arabien wegen seiner Äußerungen strafrechtlich verfolgt werde.

Emir Kovacevic, Mitglied des Interreligiösen Rates von Bosnien und Herzegowina, betonte, dass sich Muslime seines Landes selbstverständlich zu den universalen Menschenrechten bekannten. Daher sei es notwendig, dass muslimische Gemeinschaften terroristische Anschläge verurteilten, die von Muslimen verübt würden.

Einen nüchternen Blick auf die Thematik offenbarte der Tagesspiegel-Karikaturist Klaus Stuttmann. „Wir Karikaturisten setzen uns nicht hin und zeichnen, um die Freiheit zu verteidigen. Wir setzen uns hin und versuchen, alles Mögliche zu verspotten, nicht nur Religion.“ Nach seiner Erfahrung sei ebenso Kritik an den christlichen Kirchen nur eingeschränkt möglich. Er verwies dazu auf den früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, der zum Schutz christlicher Überzeugungen eine Verschärfung des Blasphemieparagraphens gefordert habe. Stuttmann selbst habe nach dem Anschlag auf die „Charlie Hebdo“-Redaktion keine stärkeren Ängste als vorher. Größere Sorge bereite ihm die Feindseligkeit, die im rechten Spektrum und bei Pegida vorzufinden sei.

Ob es ein übergeordnetes Interesse der Gesellschaft geben könne, dass bestimmte Gruppen nicht gedemütigt und dadurch an den Rand der Gesellschaft gedrängt würden, fragte der Kirchenjurist Joachim Gärtner. Der Staat dürfe sich nicht mit einer Religion identifizieren, sondern müsse eine Heimstatt für alle Bürger ermöglichen, so der Oberkonsistorialrat in Ruhe. Konsequenterweise würden daher an Universitäten nicht nur christlich-theologische Fakultäten unterhalten, sondern auch muslimische Lehrstühle aufgebaut.

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