Umweltenzyklika des Papstes richtet sich an alle Menschen guten Willens

Ostfildern bei Stuttgart | APD

Kirchenvertreter, Politiker und Umweltverbände haben die Enzyklika „Lautato si – Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ gewürdigt. Darin ruft Papst Franziskus nicht nur die katholische Welt, sondern alle Menschen guten Willens zu einer globalen Umkehr im Denken und Handeln auf.

Ein Wort zur rechten Zeit
Für den Vorsitzenden der römisch-katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, kommt die neue Enzyklika genau zur rechten Zeit. In dem Lehrschreiben fordere der Papst nicht nur die Mitglieder der eigenen Kirche, sondern auch die Weltgemeinschaft auf, mit der Schöpfung verantwortlich umzugehen. Franziskus gebe damit der Staatengemeinschaft ein „starkes Signal“ für die Verhandlungen bei bevorstehenden internationalen Gipfeltreffen, etwa die UN-Generalversammlung vom 25. bis 27. September in New York, wo es um ambitionierte nachhaltige Entwicklungsziele gehe, oder die UN-Klimakonferenz „Paris 2015“ vom 30. November bis 11. Dezember.

Der Papst setze aber ebenso sein Vertrauen auf die Verantwortung jeden Einzelnen und warne davor, einfach darauf zu bauen, dass alles schon irgendwie gut gehen werde. Er gehe um eine verantwortete Freiheit. Ökologische und soziale Verwerfungen „sind letztlich auf dasselbe Übel zurückzuführen, nämlich auf die Idee, dass es keine unbestreitbaren Wahrheiten gibt, die unser Leben lenken, und deshalb der menschlichen Freiheit Grenzen gesetzt sind“, so der Papst.

Einen breiten Raum nehme laut Kardinal Marx in der Enzyklika der Denkhintergrund mit der Theologie der „Zeichen der Zeit“ ein. Das erwarte man auch von einer Kirche. Trotz eindringlicher Darstellung der Probleme und Herausforderungen im Umwelt- und Sozialbereich gehe es dem Papst aber nicht um eine „Drohbotschaft“. Das Kirchenoberhaupt glaube daran, dass die Menschen sich in Freiheit für das Gute entscheiden, die Herausforderungen bewältigen und die Welt zum Besseren verändern können.

Auffällig sei, so Marx, dass Papst Franziskus in seiner Enzyklika nicht nur auf frühere päpstliche Lehrschreiben und die Kirchenväter Bezug nehme, sondern auch auf relevante Theologen, wie Romano Guardini und Teilhard de Chardin, sowie auf Stellungnahmen einzelner römisch-katholischer Bischofskonferenzen zu ökologischen Themen. Selbst von dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomäos, dem Ehrenoberhaupt der Orthodoxen Kirche, der auch als der „grüne Patriarch“ gilt, fänden sich lange Zitate in der Enzyklika.

Ökologische und soziale Probleme untrennbar miteinander verbunden
In der Enzyklika betont der Papst die „unermessliche Verantwortlichkeit“ des Menschen für die Schöpfung. Die derzeit stattfindende Zerstörung des Planeten stehe im Zusammenhang mit der Ungerechtigkeit gegenüber den Armen. Ökologische und soziale Probleme könnten nicht voneinander getrennt werden. Franziskus stimme mit Bartholomäos überein, dass Umweltverschmutzung Sünde sei. Die Handlungsempfehlungen im Lehrschreiben reichen von Hinweisen für Umweltverträglichkeitsprüfungen bis hin zur Forderung nach Verzicht auf die Verbrennung umweltschädlicher fossiler Kraftstoffe bei der Energieversorgung. Der Text der Enzyklika kann im Internet als PDF-Datei heruntergeladen werden unter: http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2015/2015-06-18-Enzyklika-Laudato-si-DE.pdf

Kirchen würdigen „Laudato si“
Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) begrüßte die Papst-Enzyklika und hob hervor, was die Kirchen und ökumenischen Organisationen seit Jahrzehnten für die Bewahrung der Erde und für Klimagerechtigkeit tun würden. „Dies ist die Zeit, in der wir uns auf unsere gemeinsame Verantwortung besinnen müssen, die wir als Menschen und Kirchen haben, um die nötigen Veränderungen herbeizuführen“, betonte ÖKR-Generalsekretär Pastor Dr. Olav Fykse Tveit. Der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes Pfarrer Martin Junge meinte: „Wir müssen die Enzyklika aufmerksam lesen, um die Gemeinsamkeiten hinsichtlich unserer derzeitigen Arbeit zu Fragen des Klimawandels herauszuarbeiten.“

Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) sieht sich durch die Enzyklika in ihrem Bemühen bestärkt, konkrete Schritte zur Bewahrung der Schöpfung umzusetzen. Der ACK-Vorsitzende Bischof Karl-Heinz Wiesemann (Speyer) wies dabei auch auf den „Ökumenischen Tag der Schöpfung“ hin, den die ACK-Kirchen am ersten Freitag im September jeden Jahres begehen, und bei dem sich „das Lob des Schöpfers mit konkreten Schritten zur Bewahrung der Schöpfung verbindet“.

Große Zustimmung zu den Kernaussagen der Umwelt-Enzyklika „Lautato si“, zu diesem Fazit kommt der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Heinrich Bedford-Strohm: „Jenseits der unterschiedlichen theologischen Traditionen verbindet uns die gemeinsame Leidenschaft für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine gerechte Ordnung der weltweiten Wirtschaftsbeziehungen.“

Die Weltkirchenleitung (Generalkonferenz) der Siebenten-Tags-Adventisten habe bereits 1993 in einer Erklärung zum Thema Umwelt ihre Sorge zur Schöpfung zum Ausdruck gebracht, erläuterte Holger Teubert, stellvertretender Mediensprecher der Freikirche in Deutschland. Wie in der Enzyklika sei auch damals betont worden: „Weil die Zusammenhänge zwischen Armut und Umweltzerstörung unübersehbar sind, liegt Adventisten sehr daran, die Lebensqualität aller Menschen zu verbessern mit dem Ziel, die natürlichen Ressourcen zu erhalten, ohne die Bedürfnisse der Menschheit zu übersehen. Echter Fortschritt bei der Bewahrung unserer Umwelt lässt sich nur um den Preis persönlicher und gemeinsamer Anstrengungen erreichen.“ 1996 hieß es ergänzend in einer weiteren Erklärung der Generalkonferenz zum Thema Verantwortung für die Umwelt: „Siebenten-Tags-Adventisten befürworten einen einfachen, gesunden Lebensstil, bei dem die Menschen nicht in den Kreislauf von uneingeschränktem Konsum, Erwerb von Gütern und Produktion von Abfall geraten. Nötig ist ein Umdenken in Sachen Lebensstil auf der Grundlage der Achtung vor der Natur, der Zurückhaltung bei der Ausbeutung der Rohstoffquellen der Welt, der Neudefinition der menschlichen Bedürfnisse und der Wiederherstellung der Würde des geschaffenen Lebens.“

„Der Papst ist ein Grüner“
Dankbar zeigte sich die stellvertretende Vorsitzende der CDU Deutschlands und Vorsitzende der Kommission „Nachhaltigkeit leben – Lebensqualität bewahren“, Julia Klöckner, über die Denkanstöße und Orientierung der Umweltenzyklika: „Der Papst macht schonungslos und richtigerweise deutlich, dass dies auch mit unserem Lebensstil zu tun hat. Wir alle tragen Verantwortung. Wir müssen unseren Konsum und die Art unseres Wirtschaftens überdenken und zukunftsfest machen.“ Das Bündnis 90/Die Grünen versucht anhand von fünf Zitaten aus der Enzyklika zu belegen, „dass der Papst ein Grüner ist“. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bezeichnete das Lehrschreiben von Papst Franziskus als „Weckruf zum Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas.“

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