Südkoreanischer Kriegsdienstverweigerer Sang-Min Lee aus Haft entlassen

Ostfildern bei Stuttgart | APD

Wie erst jetzt bekannt wurde, ist der südkoreanische Mennonit Sang-Min Lee bereits Ende Juli vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Er war im Jahr 2014 als Kriegsdienstverweigerer aus Glaubensgründen zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt worden.

Sang-Min Lee gehört zur „Gnade und Frieden“-Mennonitengemeinde in Seoul. Der 27-Jährige berichtete laut mennonews.de, dass in Südkorea die meisten Christen und Nichtchristen an dem Thema Kriegsdienstverweigerung kein Interesse hätten und eine derartige Haltung sogar ablehnten. Er müsse damit rechnen, dass er als Vorbestrafter auch nach seiner Haft kriminalisiert und in der Gesellschaft als Verweigerer des Militärdienstes geächtet werde.

Die Mennoniten leiten ihren Anfang von der Täuferbewegung des 16. Jahrhunderts ab; sie sind damit die älteste Freikirche. Sie gelten zudem als „historische Friedenskirche“, da sie vielfach den Kriegsdienst ablehnten und deshalb in Regionen auswichen, wo ihnen dieses Recht als Privileg zugesichert wurde. Im 20. Jahrhundert hat sich ihre Verweigerungshaltung vielerorts zu einer aktiven Gewaltfreiheit entwickelt, die sich für Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung mitten in der Gesellschaft einsetzt.

95 Prozent der weltweit inhaftierten Kriegsdienstverweigerer in Südkorea
Die südkoreanische Bürgerrechtsaktivistin Yeo-ok Yang von der Organisation „World Without War“ (Welt ohne Krieg) teilte mit, dass in ihrem Land derzeit etwa 700 Kriegsdienstverweigerer in Haft seien. Das wären rund 95 Prozent aller weltweit inhaftierten Verweigerer. Die seit Ende des Koreakrieges 1953 bestehenden Spannungen mit Nordkorea benutze die südkoreanische Regierung, um die Militarisierung und ein striktes Militärsystem zu bewahren. Das Land unterhalte bei 50 Millionen Einwohnern eine Armee von 685.000 Männern und Frauen und habe damit die fünftgrößte Armee der Welt. Alle Männer seien wehrpflichtig. Die Dauer des Militärdienstes betrage zwischen 21 und 24 Monaten. Es gebe kein Recht auf Kriegsdienstverweigerung und deshalb auch keine alternativen waffenlosen oder zivilen Dienste.

Alle, welche die Militarisierung in Südkorea in Frage stellten, zahlten einen hohen Preis, so Yeo-ok Yang. Kriegsdienstverweigerer würden in der Regel zu 18 Monaten Haft verurteilt und in der Gesellschaft diskriminiert. Sie könnten nie einen Arbeitsplatz beim koreanischen Staat bekommen, auch alle Großbetriebe stellten keine Kriegsdienstverweigerer ein.

Gewissenskonflikt auch für südkoreanische Adventisten
Laut Holger Teubert, Ostfildern bei Stuttgart, Leiter des Referats Kriegsdienstverweigerung der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland, empfehle die Freikirche ihren wehrpflichtigen Mitgliedern weltweit als „Nichtkämpfer“ einen waffenlosen Dienst oder einen Zivildienst zu leisten. Wo dies nicht möglich sei, müsse jeder seine eigene Gewissensentscheidung treffen, ob er eine Waffe in die Hand nimmt. Da es in Südkorea Alternativdienste nicht gebe, kämen auch Adventisten immer wieder in einen Gewissenskonflikt. So seien beispielsweise die adventistischen Studenten Young-chul Yoon und Hwi-jai Lim wegen Kriegsdienstverweigerung ebenfalls zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. Dasselbe gelte für fünf weitere Adventisten, welche als Reservisten bei Wehrübungen den Waffendienst verweigerten. Die adventistische Kirchenleitung in Südkorea fordere seit Jahren vergeblich, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung gesetzlich zu regeln.

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