Religionsfreiheit Testfall für die Menschenrechte

Leipzig | APD

Mit der Religionsfreiheit als Testfall für die Menschenrechte befasste sich ein Podiumsgespräch während des 100. Katholikentags in Leipzig.

Religionsfreiheit ist laut dem UN-Sonderberichterstatter Heiner Bielefeldt, Erlangen, eine Provokation für alle Gesellschaften. Sie habe ein politisches Störpotenzial, vor allem in autoritären Staaten, und ein gesellschaftliches Störpotenzial, etwa in Einparteiensystemen, die eine „nahtlose Einheit von Volk und Partei“ suggerierten. Aber auch in liberalen Gesellschaften wie der deutschen habe sie eine gewisse Sperrigkeit. Als Negativbeispiel nannte Bielefeldt die deutsche Beschneidungsdebatte in den Jahren 2012/13. Diese habe „sehr ätzende Untertöne“ gehabt. Es sei dabei um „Aufklärung mit ausgestrecktem Zeigefinger, aber mit völlig verstopften Ohren“ gegangen.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Ayman Mazyek, Köln, bezeichnete Religionsfreiheit als eine „Zumutung“ für alle Gesellschaften. Dabei sei das Rüstzeug zur theologischen Auseinandersetzung in den großen Schriftreligionen angelegt. Er verwies etwa auf die Koran-Sure 5, Vers 48: „Wenn Allah wollte, hätte Er euch zu einer einzigen Gemeinschaft gemacht. Aber (es ist so,) damit Er euch in dem, was Er euch gegeben hat, prüfe. So wetteifert nach den guten Dingen!“ Mazyek wies darauf hin, dass es auch atheistische Intoleranz gegenüber der Religionsfreiheit gebe. Mit Blick auf die AfD fügte er hinzu, in Deutschland existiere nun eine Partei, welche die Religionsfreiheit für eine bestimmte Religionsgemeinschaft einschränken wolle.

Die Münsteraner Sozialwissenschaftlerin Marianne Heimbach-Steins erinnerte an den Erkenntnisfortschritt des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) der römisch-katholischen Kirche beim Thema Religionsfreiheit: Diese sei ein Recht der Person, nicht Recht einer Religionsgemeinschaft; „nicht Recht der Katholiken oder der Kirche, sondern jedes Menschen“. Gegen die Religionsfreiheit des Einzelnen „kann es keinen Kulturvorbehalt geben“, so die Sozialwissenschaftlerin, „wie und wo er auch immer geäußert werden möge“.

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