Menschenrechtsorganisation kritisiert unterlassene Hilfe für Kriegsdienstverweigerer in Europa

Gedenkstein für Kriegsdienstverweigerer (Tavistock Square, London)

© Foto: Tim Tregenza/Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Menschenrechtsorganisation kritisiert unterlassene Hilfe für Kriegsdienstverweigerer in Europa

Bonn | APD

Anlässlich des Internationalen Tags der Kriegsdienstverweigerung am 15. Mai erinnert das Europäische Büro für Kriegsdienstverweigerung (EBCO), dem auch die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für KDV und Frieden (EAK) angehört, an die vielfältigen Diskriminierungen, denen Kriegsdienstgegner in Europa nach wie vor ausgesetzt seien. Zudem weist EBCO auf das fortbestehende Versäumnis der europäischen Institutionen hin, gegen die Verletzung des Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung einzuschreiten.

Rückblickend auf das vergangene Jahr beklagt der EBCO-Vorsitzende Friedhelm Schneider, der für die EAK bei EBCO tätig ist: „Das fortgesetzte Versagen der großen europäischen Institutionen, die erneut die Unterstützung diskriminierter und verfolgter Militärdienstverweigerer vermissen ließen, erfüllt menschenrechtspolitisch den Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung.“

Aserbaidschan, Türkei und Griechenland
Auf der politischen Tagesordnung des Europarats und der Europäischen Union sei das Thema Kriegsdienstverweigerung auch im Jahr 2018 nicht gestanden. Dieses Versäumnis wäre besonders schwerwiegend im Blick auf Staaten, die Kriegsdienstverweigerer seit Jahrzehnten verfolgen und misshandeln würden. Schneider erinnerte an Aserbaidschan. So habe sich das Land 2001 bei seinem Beitritt zum Europarat verpflichtet, bis Januar 2003 ein europäischen Standards entsprechendes Zivildienstgesetz zu verabschieden. Ein solches Gesetz gebe es immer noch nicht. Bis heute würden Kriegsdienstverweigerer in Aserbaidschan inhaftiert. Für die Türkei stelle sich die Lage ähnlich dar. Das Grundsatzurteil, das der Europäische Menschenrechtsgerichtshof im Januar 2006 zugunsten des Kriegsdienstverweigerers Osman Murat Ülke fällte, sei bis heute nicht umgesetzt worden. Trotz einer gemeinsamen Eingabe von EBCO, War Resisters‘ International und Internationalem Versöhnungsbund habe das zuständige Europarats-Ministerkomitee auch im vergangenen Jahr keine weiterführende Entscheidung getroffen.

Mit der jahrzehntelangen Diskriminierung griechischer Kriegsdienstverweigerer konfrontiert, behaupte auf EU-Ebene die EU-Grundrechteagentur ihre Unzuständigkeit für den Schutz des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung, obwohl dieses Recht in Artikel 10 Absatz 2 der Europäischen Grundrechtecharta niedergelegt ist. Hier bestehe dringender Klärungsbedarf, so Friedhelm Schneider.

Eine Ausnahme von diesem allgemeinen Trend machte laut dem EBCO-Vorsitzenden das Europäische Jugendforum, das im November 2018 eine umfassende Entschließung zum Recht auf Militärdienstverweigerung in Europa verabschiedete. Darin werden unter anderem die Mitgliedsorganisationen aufgefordert, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung als Jugendrecht voranzubringen.

Hoffnungsschimmer Nordzypern
Ein Hoffnungsschimmer sei für Schneider die kürzlich veröffentlichte Novellierung des Militärdienstgesetzes im türkisch besetzten, nördlichen Teil von Zypern. Der Text der Novelle wäre, wenngleich nicht perfekt, so doch bemerkenswert positiv. Als offizielles Dokument markiere er erstmals die Anerkennung der Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen in einem türkisch dominierten Kontext – vorausgesetzt, dass der noch nicht abgeschlossene parlamentarische Prozess zu einem positiven Ergebnis führt. Doch insgesamt bleibe die schwarze Liste der Europarats-Mitgliedstaaten, die Kriegsdienstverweigerer diskriminierten, unverändert. Weitere Informationen: www.ebco-beoc.org