"Bibel nicht Botschaft der Vergangenheit, sondern lebendiges Wort Gottes"
Rom/Italien, 02.10.2010/APD Papst Benedikt XVI. hat die Gläubigen zur regelmäßigen und sorgfältigen Bibellektüre aufgerufen. Es sei von fundamentaler Bedeutung, dass jeder Christ persönlichen Kontakt zum Wort Gottes habe, sagte der Papst am 29. September während einer Audienz für die Angestellten der päpstlichen Villen in seinem Sommersitz in Castel Gandolfo. Man dürfe die Bibel nicht als eine Botschaft der Vergangenheit auffassen, sondern müsse sie als lebendiges Wort Gottes und Herausforderung für den heutigen Menschen lesen, hob das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche hervor.
Benedikt XVI. erinnerte an den heiligen Hieronymus (347-419), dessen Hochfest die katholische Kirche am 30. September begeht. Wer die Bibel ignoriere, ignoriere Jesus Christus, zitierte Benedikt XVI. aus dem Werk des Heiligen. Dieser habe das Wort Gottes zum Mittelpunkt seines Lebens gemacht.
Der in der Nähe von Aquileia geborene Hieronymus überarbeitete die alte lateinische Übersetzung des Neuen Testaments und übertrug große Teile des Alten Testaments aus dem Griechischen und Hebräischen ins Lateinische. Seine Übersetzungen sind großenteils in die sogenannte Vulgata eingegangen, die bis heute für die römisch-katholische Kirche maßgebliche lateinische Bibelübersetzung.
Bereits im Oktober letzten Jahres gab Papst Benedikt XVI. seiner Freude Ausdruck über das wachsende Interesse an der Bibel und über die vielen Bibelkreise in den Pfarreien. Anlässlich einer Audienz zum 100. Geburtstag des Päpstlichen Bibelinstituts (PIB) sagte er damals: "Dank dem Zweiten Vatikanischen Konzil und seiner Dogmatischen Konstitution 'Dei Verbum' haben die Menschen viel stärker verstanden, wie wichtig das Wort Gottes im Leben und im Auftrag der Kirche ist. Das hat in den christlichen Gemeinschaften zu einer echten geistlich-pastoralen Erneuerung geführt – vor allem, was die Predigt betrifft, die Katechese, das Theologiestudium und den ökumenischen Dialog".
Bibelwissenschaftler sollten "die Bibel dem Leben des Volkes Gottes näherbringen", so der Papst weiter. Die Heilige Schrift könne "in dieser säkularisierten Welt mehr sein als die Seele der Theologie, nämlich eine Quelle der Spiritualität und des Glaubens für alle, die an Christus glauben". Benedikt nannte die historisch-kritische Methode der Bibelauslegung ausdrücklich "legitim und notwendig", erinnerte aber auch an den "theologischen Charakter der Exegese".
"Denn die Grundvoraussetzung für ein theologisches Verständnis der Bibel ist die Einheit der Schrift, und dieser Voraussetzung entspricht methodologisch die Analogie des Glaubens, also das Verständnis der einzelnen Texte vom Ganzen ausgehend. Das Konzil gibt auch einen weiteren Hinweis zur Methode: Das Volk Gottes, das in der Geschichte Träger der Schrift ist, ist eines, und eine einzige ist auch die Schrift. Wer sie also als Einheit liest, liest sie von der Kirche aus, ihrem Lebensort, und erkennt im Glauben der Kirche ihren wahren Interpretations-Schlüssel. Wenn die Exegese noch Theologie sein will, muss sie anerkennen, dass der Glaube der Kirche diese Form der 'Sympathie' ist, ohne den die Bibel ein Buch mit sieben Siegeln bleibt," stellte das Kirchenoberhaupt fest.
Die Tradition verschließe nicht etwa den Zugang zur Schrift, sondern öffne ihn vielmehr. Das "entscheidende Wort bei der Interpretation der Schrift" sei "Sache der Kirche," so der Papst.
Das Zweite Vatikanische Konzil verabschiedete im November 1965 die dogmatische Offenbarungskonstitution "Dei Verbum" (DV) mit dem viel zitierten Appell zur Förderung der Bibelverbreitung: "Der Zugang zur Heiligen Schrift muss für die an Christus Glaubenden weit offen stehen" (DV 22). Das Konzil mahnte im Dokument zum Bibellesen für die Gläubigen ganz allgemein (DV 25), die Priester (PO 13; 18), die Priesteramtskandidaten (OT 16), die Ordensleute (PC 6) und die Laien (AA 32).
Nach dem Zweiten Vatikanum entstanden in der römisch-katholischen Kirche zahlreiche biblische Initiativen, die versuchten, die Gläubigen mit der Heiligen Schrift vertrauter zu machen. Vor allem die Anerkennung der historisch-kritischen Methode zur Erforschung der Bibel löste in den Jahren nach dem Konzil einen wahren Boom an entsprechender erklärender Literatur und erwachsenenbildnerischen Veranstaltungen aus.
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