Laut Erzbischof Dr. Ludwig Schick (Bamberg), Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, sei die prekäre Menschenrechtslage in Kuba und Venezuela zwar bekannt, die Einschränkung der Religionsfreiheit auf diesem doch sehr katholisch geprägten Kontinent werde jedoch weniger vermutet. In beiden Länder herrschten autoritäre Regime, die sich durch Freiheitsrechte und deshalb auch durch die Religionsfreiheit bedroht fühlten. „Denn je autoritärer eine Regierung ist, desto größer ist ihr Kontrollanspruch“, so Schick. Unter den Einschränkungen der Freiheitsrechte litten vor allem jene, die sich politisch und gesellschaftlich engagieren wollten. Dazu zählen auch die Christen, die sich im Sinne der katholischen Soziallehre für gerechte und demokratische Strukturen und für das Gemeinwohl einsetzten.
Im Fadenkreuz des Partei- und Staatsapparats
In dem Einparteienstaat Kuba sei die Überwachung des privaten und öffentlichen Lebens besonders ausgeprägt. Alle privaten oder gesellschaftlichen Initiativen, die im Verdacht stünden, das Gestaltungsmonopol der Staatspartei infrage stellen zu können, würden rabiat eingeschränkt oder ganz verhindert. Religiöse Akteure, deren pastorales oder caritatives Engagement politische Züge annehme – was sich im Einsatz für arme, diskriminierte und marginalisierte Menschen kaum vermeiden lasse – gerieten schnell ins Fadenkreuz des Partei- und Staatsapparats. Administrative Schikanen und systematische Benachteiligung bis hin zu Gefängnisstrafen wären an der Tagesordnung. Eine Verfolgung von Christen allein aufgrund ihrer religiösen Grundüberzeugungen gebe es in Kuba nicht, betonte Erzbischof Ludwig Schick. Doch wenn Gläubige von ihrem christlichen Menschenbild ausgehend öffentlich Meinungsfreiheit einforderten, drohten ihnen sofort Sanktionen.
Viele Menschen suchen im Müll nach Essen
Auch in Venezuela wäre die Lage dramatisch, informierte Schick. Dort werde die römisch-katholische Kirche als „einzige verbliebene Opposition im Land“ bezeichnet. Sie mache die Regierung von Präsident Maduro mit deutlichen Worten für die vielen Krisen im Land verantwortlich. Diese politische Einmischung und Anwaltschaft für die in Not geratenen und in Not gebrachten Menschen bringe die aktiven Christen und Bischöfe in Gefahr. Der Vorsitzende der Venezolanischen Bischofskonferenz, Erzbischof José Luis Azuaje Ayala (Maracaibo), schilderte die dramatische humanitäre Situation in seinem Heimatland: „Es gibt inzwischen viele Menschen, die im Müll nach Essen suchen. Das widerspricht der Menschenwürde.“ Medikamente und Grundnahrungsmittel seien im ehemals reichsten Land Lateinamerikas knapp geworden, täglich emigrierten tausende Venezolaner ins Ausland. Wer die politischen Ursachen dieser Misere benenne, werde bedroht. So würden unter Präsident Maduro auch die Polemik und die Aggression gegenüber der römisch-katholischen Kirche massiv zunehmen. Erzbischof Azuaje Ayala beklagte die Untergrabung der Demokratie in Venezuela und mahnte den Einsatz für Freiheit, Menschenwürde und Menschenrechte an. Für seine Kirche in Venezuela erklärte er: „Sie steht an der Seite der Notleidenden, auch wenn dies viele Unannehmlichkeiten und Bedrängungen mit sich bringt.“
Arbeitshilfe
Die Arbeitshilfe „Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in unserer Zeit – Kuba und Venezuela“ gibt einen Überblick über die Situation des Christentums in Kuba und Venezuela, erläutert aktuelle Konfliktlinien, analysiert die Hintergründe und lässt Mitglieder der katholischen Ortskirche zu Wort kommen. Sie kann im Internet heruntergeladen werden unter:
https://www.dbk-shop.de/index.php?page=product&info=28261&dl_media=29214
Die Initiative „Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen“ wurde von den deutschen Bischöfen 2003 ins Leben gerufen, um für die Lage bedrohter Katholiken zu sensibilisieren.