In zwanzig Kurzbiografien stellt der Lehrer i.R. Matthias Hilbert die Lebens- und Glaubensgeschichten bekannter Liederdichter vor. In einem ersten Band werden Künstler vom 17. Jahrhundert bis in die Neuzeit dargestellt.Das Buch umfasst 272 Seiten und gliedert sich in einen historischen und einen modernen Teil. Hilbert beginnt seine Darstellung im 17. Jahrhundert mit Paul Gerhardt und geht in der Aufzählung chronologisch vor. International bekannte Liederdichter wie Gerhard Tersteegen, Phillip Hiller, Nikolaus von Zinzendorf, Charles Wesley, Matthias Claudius, Johann Blumhardt und Gebhardt werden kurz vorgestellt. Auch Frauen finden mit Fanny Crosby, Julie Hausmann, Eleonore von Reuß und Hedwig von Redern im historischen Teil Erwähnung. Auffallend ist, dass es schon einer gewissen Privilegiertheit bedurfte, um neben dem Broterwerb noch Zeit zum Dichten und Musizieren zu finden.
Der neuzeitliche Teil konzentriert sich auf deutsche Künstler und rekonstruiert die Biographien von Theo Lehmann, Peter Strauch, Siegfried Fietz, Jörg Swoboda, Manfred Siebald, Arno Backhaus, Jürgen Werth und Christoph Zehendner. Sie alle sind aus den Gesangbüchern des letzten Jahrhunderts nicht mehr wegzudenken und haben das Liedgut in den Freikirchen nachhaltig geprägt. Ob nebenberuflich oder hauptberuflich, die Künstler spürten die sich verändernde Zeit der 1970er- und 1980er-Jahre und suchten musikalisch nach neuen Tönen und Melodien. In Konzerten, in der Rundfunkarbeit, in Kirchengemeinden, als Chorleiter oder Bandmitglied erprobten sie einen neuen Stil, der sich deutlich vom traditionellen Liedgut absetzte.
Zum Punkt
Die Biographien sind etwas knapp und teilweise lückenhaft rekonstruiert. Als Quellen dienen ältere Werke oder Zeitungsartikel. Eigene Recherchen wurden nicht direkt betrieben. Das Buch kann daher nicht mit neuen biographischen Informationen überzeugen, wirkt aber in seiner Schlichtheit und überzeugt durch die Zusammenschau der musikalischen Entwicklungen des letzten Jahrhunderts in der freikirchlichen Kirchenmusik. Entwicklungen der klassischen Kirchenmusik werden nicht dargestellt. Auch die weitere Entwicklung im 21. Jahrhundert, die überwiegend englischsprachig ist, bleibt unberührt. So bleibt die Darstellung historisch, denn auch die „modernen Liedermacher“ sind heute schon im Ruhestand.
In der Zusammenschau wird deutlich, dass das Liedertexten eine ernst zu nehmende Tätigkeit war, die den Lebenslauf der Künstler nicht unwesentlich beeinflusste. Zu keiner Zeit war es einfach, als freischaffender Künstler zu überleben. So lässt sich resümieren, dass oft erst die Schwierigkeiten des Lebens den Liedern eine gewisse Ernsthaftigkeit verliehen, die gerade dadurch ihre Zugänglichkeit enorm erhöhte. Schicksalsschläge wie Einsamkeit, körperliche Einschränkungen, Blindheit oder Todesfälle in der Familie führten zu persönlichen Krisen, deren spirituelle Bewältigung in die Dichtung einfloss und einen festen Glauben als Lebensressource nach sich zog. Daraus erwuchs oft eine innere Toleranz, die sich über Dogmatik hinwegsetzte und Konfessionsunterschiede unbedeutend erscheinen lässt. Lebenszeugnisse belegen, dass tiefgründige und treffende Texte das Ergebnis persönlicher Lebensreife sind. So sprengen gute Lieder dogmatische Verengungen und sind nie zeitgebunden.
Claudia Mohr
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