Weltklimakonferenz 2024 in Baku: Klimaschutz beginnt bei den Menschen vor Ort und braucht Finanzierung

Carina Rolly, Referentin für Advocacy & Politik bei ADRA Deutschland e.V., im Gespräch mit Mercy Abutsa, BKMC Youth AgriChampion 2024, und Mohamed Ibrahim Nor, Minister für Resilienz und ländliche Entwicklung im Südwesten Somalias.

Foto: © ADRA Deutschland

Weltklimakonferenz 2024 in Baku: Klimaschutz beginnt bei den Menschen vor Ort und braucht Finanzierung

Auf der UN-Weltklimakonferenz „COP 29“ in Baku war auch die Adventistische Entwicklungs- und Katastrophenhilfe ADRA Deutschland mit Carina Rolly, Referentin für Advocacy und Politik, vertreten. Sie nahm an verschiedenen Diskussionen teil oder organisierte und moderierte sie.

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Klimawandel, Hunger und Konflikte seien untrennbar miteinander verbunden. ADRA Deutschland und internationale Partner forderten auf der Weltklimakonferenz in Baku lokale Lösungen stärker zu fördern und die Klimafinanzierung für die vulnerabelsten (verletzbarsten) Gemeinschaften zu sichern. „Wir müssen dem Klimawandel begegnen, indem wir gemeinsam Resilienz und Gerechtigkeit schaffen – für eine nachhaltige Zukunft für alle Menschen“, heißt es in einer Pressemitteilung von ADRA Deutschland.

Klimafinanzierung: Lokale Lösungen für globale Herausforderungen

Ein von ADRA und der Aktion gegen Hunger organisiertes Panel im UN-OCHA-Pavillon beleuchtete den sogenannten Hunger-Klima-Konflikt-Nexus. Expertinnen und Experten betonten die zentrale Rolle nationaler und lokaler Organisationen bei der Bekämpfung von Ernährungsunsicherheit in konflikt- und klimaanfälligen Regionen. Carina Rolly betonte: „Klimafinanzierung muss endlich bei den Menschen vor Ort ankommen, um echte Resilienz und nachhaltige Veränderung zu schaffen“.

Belegte Empfehlungen und Erfahrungen aus Mali, Südsudan und Somalia machten deutlich, wie sehr Konflikte und Klimaschocks Hunger und Mangelernährung verschärfen. Die zentralen Forderungen lägen auf der Hand:

·  Lokalisierung der Klimafinanzierung: Nachhaltige Unterstützung fragiler Gemeinschaften.

·  Integration in globale politische Prozesse: Lokale Realitäten müssen Teil der internationalen Klimapolitik werden.

·  Politischer Wille: Ohne entschlossenes Handeln der internationalen Gemeinschaft werden viele dieser Herausforderungen ungelöst bleiben.

Ernährungssicherheit als Schlüssel für Frieden und Resilienz

Am „Water, Food and Agriculture Day“ der COP29 standen klimafreundliche Agrar- und Ernährungssysteme im Mittelpunkt. ADRA betonte die Bedeutung nachhaltiger Ansätze in Landwirtschaft und Ernährungssystemen, die sowohl die Umwelt schützen als auch die Lebensgrundlagen der Menschen sichern.

Ein Lichtblick: Deutschland habe weitere 60 Millionen Euro für den Klimaanpassungsfonds zugesagt, um besonders betroffene Länder zu unterstützen. Aber, wie Minister Mohamed Ibrahim Nor aus Somalia in einer Podiumsdiskussion feststellte: „Hungrige Menschen können schwieriger miteinander reden.“ Das unterstreiche die Notwendigkeit, klimaresiliente Ernährungssysteme zu fördern, die nicht nur Ernährungssicherheit, sondern auch Frieden und Stabilität schafften.

Gesunde Böden und vergessene Nutzpflanzen

Auf einem Panel im Deutschen Pavillon stand das Thema der klimaresilienten Landwirtschaft im Fokus. Angesichts der Bedrohung globaler Ernährungssysteme durch den Klimawandel bieten gesunde Böden und der Anbau klimaresilienter und oft vergessener Nutzpflanzen vielversprechende Ansätze, um Klimafolgen abzumildern und lokale Anpassungen zu stärken. Gesunde Böden verbesserten nicht nur die landwirtschaftliche Produktivität. Sie fungierten auch als wichtige Kohlenstoffsenken und leisteten damit einen entscheidenden Beitrag zur Minderung des Klimawandels.

Vergessene Nutzpflanzen, oft indigene und klimaresiliente Pflanzen, hätten ein enormes Potenzial, Ernährungssysteme zu diversifizieren und zu stabilisieren. Sie stärkten die Ernährungs- und Lebensmittelsicherheit und förderten die Widerstandsfähigkeit gefährdeter Gemeinschaften.

Dabei spielten lokale Initiativen und der Leitgedanke „Hilfe zur Selbstbestimmtheit“ eine zentrale Rolle. Indem sie Gemeinden in der Anwendung nachhaltiger landwirtschaftlicher Praktiken schulten, würden sie dazu beitragen, widerstandsfähige Ernährungssysteme aufzubauen und die Vielfalt von Böden und Nutzpflanzen in Klimastrategien einzubinden. Gleichzeitig wurden notwendige politische Rahmenbedingungen und Finanzierungsmechanismen diskutiert, die solche Ansätze langfristig unterstützen könnten.

Fazit: Was bleibt von der COP29?

Die erste Woche der COP29 habe wichtige Fortschritte gebracht, aber die Herausforderungen blieben groß, so Carina Rolly. ADRA fordere deshalb:

·  Mehr Klimafinanzierung für lokale und nationale Akteure: Damit Betroffene selbstbestimmt handeln können.

·  Verbindliche Zusagen: Der Zugang zu Klimafinanzierung in konfliktbetroffenen Regionen muss vereinfacht werden.

·  Langfristige Strategien: Kurzfristige humanitäre Maßnahmen müssen mit langfristigen klimaresilienten Lösungen verzahnt werden.

Carina Rolly zieht nach zwei Wochen COP 29 in Baku ein eher nüchternes Fazit: „Leider blieb die Klimakonferenz in der internationalen Finanzierung weit hinter den Hoffnungen und Erwartungen zurück. Die Industrieländer haben sich bereit erklärt, bis 2035 jährlich mindestens 300 Milliarden Dollar in die Länder des globalen Südens zu leiten, um sie bei der Bewältigung des Klimawandels zu unterstützen. Allerdings werden Billionen benötigt. Wir müssen dieses Ergebnis als Zwischenstand ansehen und uns weiterhin für ambitionierte Klimafinanzierung einsetzen.“

Trotz vereinzelter Fortschritte bleibe die Unterfinanzierung des humanitären Systems ein zentrales Problem, insbesondere für lokale Initiativen, die dringend Unterstützung benötigten. Der Zugang zu Klimafinanzierung in konfliktbetroffenen und fragilen Regionen sei nach wie vor unzureichend, was die Umsetzung wirksamer Maßnahmen erschwere. Ein sichtbarer politischer Wille zur Umsetzung von Maßnahmen wäre daher dringend notwendig, um die Finanzierungslücke zu schließen und die Mittel dorthin zu bringen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Gleichzeitig mangele es den bestehenden Zusagen an einem klaren Fokus auf die lokale Ebene, die eine entscheidende Rolle bei der Stärkung der Resilienz gefährdeter Gemeinschaften spiele. Ohne gezielte Maßnahmen, die auf die Bedürfnisse der am stärksten betroffenen Regionen eingehen, würden die bisherigen Ergebnisse unbefriedigend bleiben.

Über ADRA Deutschland

ADRA Deutschland e. V. mit Sitz in Weiterstadt bei Darmstadt wurde 1987 gegründet und hat rund 50 Angestellte. Es ist Teil des weltweiten ADRA-Netzwerks, das 1956 gegründet und von der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten getragen wird, aus 108 eigenständigen nationalen Büros besteht und weltweit Projekte der Entwicklungszusammenarbeit sowie der humanitären Hilfe in Katastrophenfällen durchführt. ADRA steht für Adventist Development and Relief Agency. ADRA Deutschland ist unter anderem Gründungsmitglied des Verbands Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO), der „Aktion Deutschland Hilft“ und „Gemeinsam für Afrika“. Informationen: www.adra.de. Spenden sind online unter www.adra.de/spenden möglich.