Kirchenleiter der Adventisten in Deutschland rufen zum Frieden in ihren Gemeinden auf

Die adventistischen Kirchenpräsidenten Johannes Naether (li.) und Werner Dullinger sowie Pavlo Khiminets (re.), Leiter des Arbeitskreises russischsprachiger Adventisten in Deutschland, haben eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht.

© Fotos: Thomas Resch / privat

Kirchenleiter der Adventisten in Deutschland rufen zum Frieden in ihren Gemeinden auf

APD

In ihrer Stellungnahme heißt es, dass der russische Militäreinsatz in der Ukraine die ganze Welt in Spannung versetzt habe. Angst vermische sich mit Entsetzen über das Maß an Zerstörung, der die Menschen in der Ukraine ausgesetzt sind. „In diese bedrohliche und angespannte Situation möchten wir als Verbandsvorstände gemeinsam mit dem russischsprachigen Arbeitskreis mit diesen Zeilen ein bewusstes Signal des Friedens und der Besonnenheit an unsere Gemeinden richten.“

Nicht feindlich gegenüberstehen

Krieg und andere politische Konflikte könnten auch Adventisten in eine emotionale Ausnahmesituation führen, sodass ihr Handeln im Alltag und in der örtlichen Adventgemeinde von diesen Konflikten mitgeprägt werde. Würden solche Themen, kontrovers in einer Gemeinde ausgetragen, könnte dies enorm belastend für alle sein. „Leider beobachten wir im Moment Spannungen, Verletzungen durch Worte, sowie Anschuldigungen und Ausgrenzung in unserem unmittelbaren Gemeindeumfeld, besonders in einigen russischsprachigen Kreisen“, beklagen die Freikirchenleiter. „Uns ist durchaus bewusst, wie herausfordernd es sein kann, wenn sich in der Gemeinde Glaubensgeschwister begegnen, deren Heimatländer sich durch Gewalt und Zerstörung feindlich gegenüberstehen.“

Gelungene Integration

Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland habe in den letzten 30 Jahren einen gemeinsamen Integrationsprozess erlebt, sodass deren Gemeinden in Harmonie und Liebe hätten leben und sich entwickeln können. „Dankbar dürfen wir auf diese Zeit schauen und dankbar dürfen wir sein, dass ganz verschiedene Lebenserfahrungen und kulturelle Unterschiede uns nicht getrennt haben. Wir betrachten das als ein Geschenk Gottes, weil er durch seinen Geist unsere Herzen füreinander geöffnet hat.“

Damit sich Frieden ausbreiten kann

Die deutschen Freikirchenleiter erinnern daran, dass sich Siebenten-Tags-Adventisten als eine weltweite Kirche verstehen würden, „die durch den Geist Gottes und unseren gemeinsamen Glauben an Gott den Schöpfer und Erhalter des Lebens verbunden ist.“ Es handele sich um eine bunte Familie, die sich in ihrem Glaubensartikel 14 dazu bekenne: „In Christus sind die Gläubigen eine neue Schöpfung. Rassische, kulturelle, bildungsmäßige, nationale, soziale und gesellschaftliche Unterschiede sowie Unterschiede zwischen Mann und Frau dürfen unter uns nicht trennend wirken. In Christus sind alle gleich, durch einen Geist zur Gemeinschaft mit ihm und untereinander zusammengefügt.“ Durch die Gnade Gottes wären Adventisten reich beschenkt und zum Frieden befähigt. Deren Gemeinden und Familien sollten solche Orte des Friedens und der Versöhnung sein. „Dazu möchten wir jeden ermutigen, seinen Beitrag zu leisten, damit sich Frieden ausbreiten kann.“

Die Stellungnahme endet mit dem Gebet „Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens“.

5.000 russischsprachige Adventisten in Deutschland

Laut Pastor Khiminets gebe es in Deutschland etwa 5.000 russischsprachige Adventisten. Von 1991 bis 1995 seien sie vorwiegend aus Mittelasien und Sibirien gekommen, danach auch aus West- und Südrussland, der Ukraine und anderen ehemaligen Sowjetrepubliken. Die eingewanderten russlanddeutschen Adventisten hätten jedoch in der Bundesrepublik keine unabhängige Organisation oder eigene Ortsgemeinden gegründet, sondern sich bereits den bestehenden Adventgemeinden angeschlossen. Das habe aber nicht bedeutet, dass das Zusammenleben von Spätaussiedlern und Einheimischen in den Adventgemeinden immer problemfrei gewesen sei. Die Aussiedlergruppe wurde in etlichen Ortsgemeinden plötzlich zur Mehrheit, sodass die Gefahr bestand, dass die Zugezogenen nun das Gemeindeleben bestimmen und den einheimischen Gläubigen einen neuen Stil, neue Gewohnheiten und Traditionen aufdrängen würden.

Die meisten Aussiedler befänden sich laut Khiminets in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. Es gebe Adventgemeinden in Deutschland, die zu 95 bis 98 Prozent aus Aussiedlern bestehen und 200 bis 300 Mitglieder umfassen. Diese Gemeinden hätten aufgrund der großen Anzahl von Kindern und Jugendlichen neue Gemeindezentren gebaut.

Freikirchenleitung als „Brückenbauer“

Dass es den Adventisten in Deutschland gelungen sei, ihre kirchliche Einheit zu bewahren, habe mehrere Gründe. Die Adventisten seien als weltweite Kirche verfasst, mit der Generalkonferenz (Weltkirchenleitung) an der Spitze, die für die Einheit in Lehre und Organisation zuständig sei. Die Freikirchenleitung in Deutschland habe behutsam als „Brückenbauer“ bei dem Prozess des Zusammenwachsens geholfen. Es galt Fragen zu klären, einander zu verstehen und die Bedürfnisse von Einheimischen und Aussiedlern zu stillen. Dabei habe die Freikirchenleitung russlanddeutsche Pastoren eingesetzt, die ihre Ausbildung in Deutschland erhalten hatten und daher nicht nur den kulturellen Hintergrund der Spätaussiedler, sondern auch den der Einheimischen kannten, erläuterte Khiminets. Auch seien regional und deutschlandweit „russischsprachige Arbeitskreise“ eingesetzt worden. Diese hätten sich bei der Klärung und beim Verständnis verschiedener Problemfelder als sehr hilfreich erwiesen. (Siehe dazu auch APD-Meldung 217/2021 vom 11.11.2021 „Kein einfacher Weg – Integration von russischsprachigen Adventisten in Deutschland“)